Apple vs Samsung: Verteidigung mit Prior Art, 2 Millionen verlorene Verkäufe und 3 Samsung-Geräte weniger

Auch diese Woche geht es in den USA zwischen Apple und Samsung in dem bisher größten Prozess weiter. Insgesamt fünf Mal geht es diese Woche vor Gericht (bisher waren es „nur“ 2-3 Verhandlungstage pro Woche) und so dürfte diese Woche spannend werden. Heute war eher Samsung „am Drücker“

Zum einen wurde Professor Ben Bederson von der Universität Maryland aufgerufen. Als Professor für Computer-Science (Informatik) sollte er heute als Zeuge vor der Jury belegen, dass einige wichtige Elemente der Nutzeroberfläche Apples bereits vorher existierten. Solche „prior art“ ist mangels „neuer“ Schöpfung nicht schützbar. Außerdem aussagen sollte noch Adam Bogue, Präsident von “Circle 12“. Zu diesem Zweck brachte man zwei Technik-Exoten in den Prozess mit ein:

Der „DiamondTouch Table“ ist ein Tisch auf welchen mit einem Projektor eine Benutzeroberfläche projiziert wird. 2001 am Mitsubishi Electronic Research Laboratory (MERL) entwickelt, sind hier bereits mehrere Elemente von Apples „komplett eigener“ iOS-Oberfläche zu finden. Beispielsweise der Bouce-Effekt, der von vielen Android-Geräten wegen Apple wieder verschwunden ist. Außerdem die zentrale Positionierung von Homescreens und Fotos. Der „DiamondTouch Table“ war frei in der Lobby des MERL zugänglich und Bogue gab sogar an, 2003 mit dem DiamondTouch zu Apple selber gereist zu sein und dort eine Vorführung des Geräts geliefert zu haben. Der Bounce-Effekt sei zwar erst nach der Vorführung entwickelt worden, andere Elemente habe es aber bereits gegeben.

Der Bounce-Effekt wurde daher mit einem anderen Stück „prior art“ konfrontiert: Benderson zeigte das LaunchTile-System, eine Oberfläche die bereits 2004 für PocketPCs entwickelt wurde. Hier konnte man bereits zwischen vier verschiedenen Homescreens wechseln. Beim Wechsel auf einen anderen Homescreen „sprang“ der nachfolgende Screen in die Zentrale Position – eine Funktion die genau umgekehrt dem Bounce-Effekt von Apple ähnelt.

Die beiden Beispiele reichen sicher nicht aus, das breite Patentportfolio Apples vor der Jury als ungültig zu präsentierten. In der Summe dürfte „prior art“ aber das wichtigste Element von Samsungs Verteidigung darstellen: Apple hat vieles nicht selber erfunden, sondern nur – zugegebenermaßen genial – zusammengepuzzelt. Sollte Samsung für jedes von Apples Patente ein bereits vorbestehendes Beispiel, also eben „prior art“, präsentieren können, dürfte Apple mit der Verletzung einer „einzigartigen und neuen“ Oberfläche wenig Erfolg haben.

Sollte es diese aber am Ende im Zusammenspiel mit anderen Verletzungen doch geben, wurden von Apple auch neue Zahlen für diesen Fall präsentiert: über 2 Millionen Geräte sollen durch Samsungs angeblich „sklavische“ Kopie des iPhone und iPad weniger verkauft worden sein. Da Apple aber bereits vorher nicht dargelegt hatte, wie häufig sich das internationale Samsung Galaxy S und S2 und das Galaxy Ace verkauft hatten, wurden diese Geräte aus dem Prozess herausgenommen. Ein nur winziger Erfolg für Samsung, da USA-eigene Versionen der Geräte um ein vielfaches populärer waren. Außerdem von Samsung präsentiert: die Hochburgen von Apple. Städte wie San Francisco und L.A., hier war Apple 2010 bereits sehr erfolgreich und im Schnitt über 17 Prozent Marktanteil vor Samsung. Das ist insofern für Samsung wichtig, da nach dem Samsung Galaxy S sich diese Marktanteile bis März 2011 teilweise nur sehr gering verändert hatten.

Ein taktischer Tag gestern in den USA, Samsung konnte zwar kleine Teilerfolge für sich verbuchen – insgesamt führt aber wohl weiterhin Apple. Für die Woche dürften wir eine umfangreiche „prior art“-Verteidigung erwarten was sicherlich interessant werden dürfte. Samsung könnte aber ein Problem bekommen: die Zeit. Der Prozess ist auf zwei Mal 25 Stunden angesetzt die jede Seite vortragen darf, Apples Uhr steht bei 14:10 Stunden, Samsung bereits bei 14:58 Stunden – also noch zehn Stunden um der Jury zu zeigen, dass die meisten Patente nicht schutzfähig waren. Das dürfte knapp werden, wir halten euch weiter auf dem Laufenden.

Quellen: 1 / 2 / 3

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3 thoughts on “Apple vs Samsung: Verteidigung mit Prior Art, 2 Millionen verlorene Verkäufe und 3 Samsung-Geräte weniger

  1. Nope ging um den Bonce effeckt beim Scrollen von Listen. Sobald man da schnell nach oben oder unten gewischt hat sprang die leiste nach oben oder unten und dann elastisch wieder zurück

    • G**gle ist Dein Freund …

      Beim Bounce-Effect handelt es sich darum, dass man einen Überdehnungseffekt beim wechseln / wischen der Homescreens gesehen hat. Das heißt, man konnte am Ende des Wischens bereits ein wenig vom nächsten Screenlayout sehen. Beim Loslassen des Fingers ist dann der zum Goßteil angezeigte Screen angezeigt worden, der benachbarte Screen ist dann wie von einem Gummiband gezogen zurückgesprungen. Ich hoffe ich habe das relativ verständlich erklärt.

      LG

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