Apple vs Samsung: Crack, Zahlen und Zeit.

So schade es auch ist, aber auch die schönste Soap hat irgendwann ihr Ende. Die letzten Woche freute ich mich häufig auf 17 Uhr, wenn es in den USA wieder hieß „Apple vs Samsung, Samsung vs Apple“. Gestern war der vorletzte Tag – und es ging hoch her:

Gestern Abend habe ich ja schon über den Höhepunkt des gestrigen Prozesstages geschrieben: Richterin Koh, die Apples Anwälte fragte, ob man Crack rauchen würde. Ansonsten könne man ja nicht ernsthaft glauben, dass die 22 Zeugen in der verbleibenden Zeit noch gehört werden können:

“when unless you’re smoking crack you know these witnesses aren’t going to be called!” – Richterin Koh

Lustig und unterhaltsam ist ein solcher Zwischenfall auf jeden Fall, aber auch eine absolute Ausnahme. In den USA sind Prozesse extrem streng geregelt und ein „Ruhe im Gerichtssaal“ kommt praktisch nicht vor. Insofern ist die Äußerung von Richterin Koh auch sehr interessant: offenbar ist sie inzwischen deutlich genervt von beiden Parteien. Nach über 20 Stunden Vortrag von jeder Seite darf man das aber auch sein. Apple-Anwalt William Lee versicherte übrigens, dass er kein Crack rauchen würde…

“First, your honor, i’m not smoking crack. i can promise you that.”  – William Lee, Apple Anwalt

 Auch ohne diesen Zwischenfall war der Prozesstag gestern einer der anstrengendsten überhaupt: Samsung hatte zuvor nur noch 2:25 Stunden Redezeit, Apple noch etwa 5:50 Stunden – klar, dass sich beide Parteien immer extrem beeilen mussten, wenn man etwas sagen wollte. Emilie Kim, Mitglied des iOS-Entwicklungsteams, und Dr. Paul Dourish aus Apples R&D-Abteilung bestätigten beide als hochbezahlte Gutachter, dass Samsungs Gallery-Patent so nicht gültig sei. Man brachte selber das „prior art“-Argument, hier mit einem Beispiel von LG aus dem Jahr vor Samsungs Patenteintragung. Außerdem erklärte Dr. Tony Givargis, dass Samsungs Musik-Patent (Musik im Hintergrund während im Vordergrund andere Aufgaben erledigt werden) trivial und damit ungültig sei.

Samsung rief ebenfalls einige Zeugen auf, am interessantesten dürfte Michael Wagner von den Wirtschaftsprüfern von PriceWaterhouse gewesen sein. Geht es nach seiner Aussage, hat Samsung keine 2.5 Milliarden Dollar Gewinn mit Geräten gemacht die Apples Patente verletzen könnten. Apple hat laut Wagner entscheidende Faktoren einfach nicht eingerechnet: R&D (Entwicklung), Marketing und die Vertriebskosten. Rechnet man dies heraus aus der Forderung von 2.5 Milliarden Dollar, bleiben „nur“ noch 519 Millionen Dollar als gültige Forderung über.

Samsung soll aber nicht nur zahlen, sondern verlangt von Apple seinerseits Schadensersatz: einmal für die drei Patente auf Gallery, Musik und Co. – hier ging Samsungs Gutachter Dr. Vincent O’Brien von moderaten 22.8 Millionen Dollar aus. Wirklich teuer wird es für Apple aber erst bei den standard-essential Patenten. Diese grundlegenden Patente (FRAND) muss Samsung zwar Apple anbieten, diese müssen dafür aber Lizenzgebühren an Samsung zahlen. O’Brian ging hier von Gebühren in Höhre von 2-2.75 Prozent des Verkaufspreises aus und damit von 290-399 Millionen US-Dollar. Zusammen also rund 419 Millionen Dollar, die Samsung von Apple fordert. In meinen Augen ist auch diese Forderung überzogen, für FRAND-Patente werden meist nur wenige Cent pro Gerät fällig. Aber Samsung verkauft sich so teuer wie möglich.

(Bild unter cc-Lizenz auf Flickr von laverrue)

Der entscheidende Faktor war gestern aber nicht das Crack für die Apple-Anwälte ( 😉 ) oder die horrenden Summen die jede Seite von der anderen fordert und dies mit Gutachtern beweisen will, die wiederum unglaubliche Summen für ihre Arbeit kassieren (meist mehrere hundert Dollar pro Stunde, teilweise bei 400 Stunden Arbeit an dem Fall), sondern die Zeit. Ich predige es eigentlich schon seit Apples Beweisführung wo sich Samsung extrem Zeit für das Kreuzverhör von Apples Zeugen ließ: man hat ein Zeitproblem. Vor dem Tag gestern hatte Samsung noch 2:25 Stunden Redezeit. Also Zeit für das Plädoyer und natürlich auch die Befragung von Apples Zeugen, die noch vorgebracht werden um Samsungs Forderung von 419 Millionen Dollar zu entkräften. Das langt hinten und vorne nicht.

Time totals to go. Apple has 3:53 left of its 25 hours; Samsung has 46 minutes. – @Swiftstories

Am Ende des gestrigen Tages standen auf der Prozessuhr noch knapp vier Stunden für Apple – und nur noch 46 Minuten für Samsung. Richterin Koh gibt Samsungs Anwälten die Schuld an der Knappheit, man habe sich eben darauf gestützt Apples Zeugen zu befragen und nicht die eigenen Zeugen zu hören.

“Samsung made a strategic decision to spend more time to [cross-examine] than Apple used to present its affirmative case. – Richterin Lucy Koh

Man merkt, dass Richterin Koh „keinen Spaß“ mehr versteht und den Prozess zu einem Ende bringen möchte. Samsung hat ein Problem. Ein großes Problem. Schon gestern wurden Zeugen von Apple gar nicht mehr von Samsung angegriffen, da dafür schlichtweg die Zeit fehlte – welchen Eindruck dies auf die Jury machen dürfte ist klar. Man hat noch 46 Minuten die Jury zu überzeugen. Apple darf fünf Mal so lange reden. Es sieht zwar nicht schlecht aus für Samsung, da man in meinen Augen wesentliche Teile des Prozesses für sich entscheiden konnte (viele „prior art“-Argumente scheinen gut aufgenommen worden zu sein), aber Apple dürfte viel Zeit damit verbringen, Samsungs Forderung zu zerlegen und als nicht gerechtfertigt anzusehen.

Richterin Koh möchte indes, dass die Parteien sich außerhalb des Prozesses einigen. Beide haben zu viel zu verlieren und wie die Jury entscheiden wird ist unklar. Es ist durchaus nicht unüblich, dass sogar nach der Beweisaufnahme während der Beratungsphase der Jury noch außergerichtliche Vergleiche geschlossen werden. Allerdings wurde ein Abkommen zwischen Apple und Samsung über die Patentnutzung in der Vergangenheit schon sehr häufig abgelehnt und beide Unternehmen könnten die Gefahr eines Gesichtsverlustes sehen – insofern dürfte eine Einigung als unwahrscheinlich gelten. Warten wir es ab, heute gibt es den letzten Tag der Beweisaufnahme und Montag noch die abschließende Sitzung bevor am Dienstag die Jury sich zur Beratung zurückziehen wird. Ein moderner Tech-John-Grisham, mal sehen, welches Filmstudio sich die Rechte daran sichert…ich halte euch auf dem Laufenden und hoffe ich nerve euch nicht damit.

Quellen: 1 / 2 / 3 / 4 / 5 und gefühlte 100 Tweets von @Swiftstories, @FedCourtJunkie und @Hmintz 

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10 thoughts on “Apple vs Samsung: Crack, Zahlen und Zeit.

  1. Ganz Ihrer Meinung mein lieber Franz-Josef. Man sollte doch glatt bei Richterin Koh einen Antrag auf Befangenheit stellen und den Herrn S. von der Berichterstattung ausschließen. Eine u. U. vorurteilbehaftete Berichterstattung auf einem privaten Samsung Blog ist doch wirklich die Höhe. Am Ende versucht Herr S. durch das bewusste Auslassen der wesentlichen Punkte, welche Sie im Übrigen hervorragend aufgeführt haben, noch Einfluss auf die amerikanische Jury zu nehmen.

    Ironie aus.

  2. Eine sehr schlechte Zusammenfassung, die wesentliche Punkte (wohl bewußt) ausläßt. Was mich persönlich interessieren würde: wie kommst du auf diesen Schluß:

    "Es sieht zwar nicht schlecht aus für Samsung, da man in meinen Augen wesentliche Teile des Prozesses für sich entscheiden konnte (viele “prior art”-Argumente scheinen gut aufgenommen worden zu sein)"

    Die gesamt Weltpresse interpretiert eigentlich das Gegenteil, die Beweislage ist erdrückend, die Arbeit der Samsung Anwälte wird kritisiert. Ich kann somit nichts anderes, als eine gewisse Befangenheit in deiner Berichterstattung erkennen. Woran liegt das?

    • Naja, die Frage, warum ich als Samsung-Blogger eine gewisse Befangenheit für Samsung haben könnte kann ich jetzt auch nicht direkt beantworten, allerdings behaupte ich mal, dass ich mich als Jura-Student generell um eine halbwegs objektive Berichterstattung bemühe. Apple hat seinerseits nach dem Beitrag btw viele Prior-Art Argumente gegen Samsung vorgebracht, dazu kommt heute noch mehr. Zu dem Schluss kam ich, nachdem einige Apple-Gutachter in der Cross-Examination auf wichtige Fragen nicht antworten konnten und damit vor der Jury einige Patente definitiv nicht gut positioniert sind – das ist natürlich meine subjektive Meinung, einen Ausblick gibt es Dienstag.

      Wenn ich sie hier gerade schon in den Kommentare habe, würde ich zu gerne den Kontakt ihrer Frau Großmutter haben, da ich mich mit ihr über das Android-Logo unterhalten möchte. Ich zitiere mal von ihrer Webseite Herr Platen " Ich habe zwar keine Dokumente mehr, die meine Urheberschaft belegen (Festplattencrash), jedoch kann meine Oma bezeugen, dass ich der Urheber des Logos bin, der Sportwettbewerb fand schließlich 2002 nachweislich vor der Gründung von Android statt." in diesem Beitrag. http://www.platanas.com/dreiste-kopie-blatant-rip… Google sollte wirklich ANGST haben, dass ihre Oma irgendwann mit der Sache an die Öffentlichkeit geht und nachher das schöne Android-Logo verboten wird.

      • Lars, blocken und auf die blacklist. der bursche raucht nicht nur crack sondern spritzt sich meth in die halsvene. jede sekunde die dieser troll dir lebenszeit stiehlt, ist eine zu viel. Einfach mal in den Heise Foren suchen und bei Golem. Interessant ist auch, wer ihm auf Twitter folgt… ich denke mal du kannst es schon fast erraten 😉

        • Ja, unser Sascha beweist mal wieder chinesische Lebensart: Kritiker wegsperren – dann braucht man nicht mehr zu argumentieren. Stattdessen könntest du mal wieder ein neues Bloggergate vom Stapel lassen: diesmal vielleicht mit dem Thema "Samsung kauft die Techbloggerszene"
          Oder noch besser: du erklärst mal der Netzgemeinde, wie du deinem armen Hilfsheriff Casi seinen Epic-Fail mit dem Patent-Hetzartikel abegtrotzt hast – war der peinlichste Artikel des Jahres bisher.

          Aber mach dir keine Sorgen Palli, biased blogging mit Spesenersatz von Samsung ist professionell, Leute die unbezahlt Ihre Meinung publizieren sind Junkies – wirklich eine professionelle Einstellung!

          • Was bist du denn für einer? Krieche dahin, wo du her kommst und verbreite deinen Müll woanders!

  3. Mit einem solch brisanten und interessanten Thema kann man gar nicht nerven.
    Der Prozess ist bei mir allgegenwärtig, und ich freue mich genauso wie du jeden Tag auf die neuen Geschehnisse im Gerichtssaal.

  4. Du nervst mit deiner Berichterstattung überhaupt nicht,ich für meinen Teil finde das extrem spannend und bin auf den Ausgang sehr gespannt!

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