[Kommentar] Killt das mobile Surfen sich selbst?

Der folgende Artikel ist ein Kommentar und hat primär wenig mit Samsung zu tun, da Samsung aber zunehmend auf den AllShare-Gedanken setzt und die meisten Geräte auf mobile Kommunikation ausgelegt sind/sein werden, habe ich mich entschieden euch den Artikel zu bringen und nicht auf G+ zu veröffentlichen. Ich hatte in einem früheren Beitrag bereits ausführlich über die Netzbetreiber und die Netzauslastung gemotzt – kleine Wiederholung: an der Uni Köln ist das Netz aller Anbieter zu Stoßzeiten überlastet, bei Eplus eigentlich sogar immer. Mobiles Surfen wird zur Qual, Telefonieren ist immer häufiger nicht möglich, da das Gespräch abbricht oder „gar nicht erst ankommt“. Die Problematik dürfte sich so, schlimmer, oder halt weniger ausgeprägt vieler Orts wiederholen, auch am Kölner Hauptbahnhof teilen sich häufig zu viele Abnehmer eine Funkzelle und sind häufig nicht erreichbar.

(Bild von Flickr.com unter cc-Lizenz)

Erstaunlich finde ich, dass der Kollaps der Mobilfunknetze absolut absehbar war – Smartphones sind in aller Munde, o2 spricht davon, dass sie zu 90% am Handygeschäft teilhaben. Tablets (noch meist iPads) sind auf dem Vormarsch und auch bei Laptops gehören 3G-Module immer mehr zum guten Ton, zur Grundausrüstung. Immer mehr Personen sind überall und zu jeder Zeit online – und online steht hier nicht synonym für ein paar, wenig KB große Emails checken, sondern für das Abrufen jeglichen Contents, der auch am heimischen PC abgerufen wird. Seien es Facebook-Streams mit Bildern, Videos etc., seien es Cloud-basierte Speicherdienste oder Streaming von Radiosendungen oder Videos. Der Hunger der Nutzer nach ausreichend schnellen und halbwegs erschwinglichen Mobilfunkverbindungen inklusive dazugehöriger Tarife ist enorm – und hier kommt das große Problem.

Die Mobilfunk-Provider wirken auf mich derzeit ein wenig wie Nokia (ohne Nokia hier diskreditieren zu wollen) – zu lange hat man den Smartphone-Markt unterschätzt und die Entwicklungen verschlafen. Nun, wo der Markt explodiert (man schaue sich nur mal die Verkaufszahlen von Geräten wie dem Galaxy S2 oder dem iPhone 4s an) und die Menge und Größe des mobil konsumierten Contents ebenfalls ungeahnte Höhen entwickelt steht man ratlos auf dem Schlauch. Beispiel Eplus – angekündigt, dass man nicht auf LTE setzen will, sondern auf den Ausbau von HSPA+ Netzen. An sich ein guter Ansatz, HSPA+ ist billig und für die meisten ausreichend schnell, leider wird sich vielerorts nur darauf beschränkt, bestehende Funkanlagen aufzuwerten und nicht die Dichte der Funkzellen zu vergrößern. Super, dass ich an der Uni (Köln) vollen HSDPA-Empfang habe, die tatsächlichen erreichten Datenraten sind mehr als enttäuschend. Wenn überhaupt mal eine Verbindung zu Stande kommt (Glückssache), kommt man höchstens auf ein paar wenige hundert KB – HSDPA schafft normalerweise 7,2 Mbit/s! Selbst der Ausbau auf HSPA+ wird hier allenfalls kurzfristig ein bisschen Linderung bringen, mittelfristig aber auch ins Leere führen. Die Technik läuft dem Datenhunger der Abnehmer hinterher. Vielleicht könnte man mittelfristig durch die Erhöhung der Funkzellendichte eine Brücke schaffen, bis andere Technologien verfügbar (und viel wichtiger: erschwinglich) sind. Bei den Kollegen von AreaMobile habe ich gelesen, dass sich bis 2016 das Volumen verzehnfachen (!) wird. In 5 Jahren! Eine Brückentechnologie wäre also auch hier nur für eine sehr kurze Brücke gut…

Anderes Beispiel: die Telekom, hier freut man sich in Köln eines der besten LTE-Netze des Landes zu haben. Noch gibt es zwar keine Geräte, aber diese sind im Anmarsch (oder eben auch nicht… wo bleiben die LTE-Geräte für Deutschland?) – das Ganze ist vom Ansatz her gut. Wobei eine Kleinigkeit wird noch übersehen: mit LTE kann man (bzw sollte man) derzeit nicht telefonieren, eine Verzögerung von mehreren Sekunden ist derzeit „der Fehler im System“. Also wird momentan beim Telefonieren von LTE zurück auf UMTS geschaltet, die Funkzellen also nicht unbedingt entlastet… AUßERDEM: noch sind für 20 GB LTE im Monat 90 Takken (… … …) fällig. Von einer Lösung für das breite Publikum kann man hier nicht sprechen. Ohnehin sind die  verfügbaren (3G-) Tarife weitestgehend ein Witz:

– bei EPlus zahle ich wenig (~10€ / 1GB), habe dafür in der ländlichen Gegend gerne mal nur EDGE und in der Stadt dann keine Verbindung, weil die Funkzellen überlastet sind.

– Telekom und Vodafone: teuer, halbwegs schnell und weniger überlastet – ABER ernsthaft, eine Drosselung ab 200 MB ist nicht mehr zeitgemäß und wenn man dann wieder mehr will wird es richtig teuer.

– o2 … für mich irgendwo zwischen EPlus und Telekom/Vodafone: grade noch günstig, Drosselung bei meist 500MB und dazu (zumindest in Köln) nicht wirklich schnell.

Mein Kollege Denny von SmartDroid.de hat vor ein paar Tagen mal die Tarife im EU-Umland ausgekramt, erstaunlich fand er die Tarife in Österreich:

Klar, super – aber utopisch: in Österreich werden (m.E.) die Tarife durch die immensen Roaming-Einnahmen querfinanziert. Aber Auch im Vergleich zu anderen Ländern stinkt Deutschland einfach nur ab was Geschwindigkeit und Kosten angeht!

Ich verstehe nicht, warum sich die Anbieter momentan ins eigene Fleisch schneiden. Nur mal aus strategischer Sicht: wo kann ich die meisten Personen von meinem „Produkt“ Mobilfunknetz überzeugen? Wohl an Knotenpunkten. Und wo kann ich für die Zukunft schon ein gutes Bild meines Services aufbauen? An Universitäten, Schulen etc. … und was herrscht derzeit an den angesprochenen Punkten – Chaos.

Ich weiß, dass die Überschrift polemisch gewählt wurde und mobiles Surfen die Zukunft ist, wir steuern in eine „always-online“ Gesellschaft. Aber derzeit macht der Trend keinen Spaß und in den Köpfen der Nutzer (zumindest in meinem) Entwickelt sich eine gewissen Antipathie zu den Providern und der Netzentwicklung… jeden Tag wieder der selbe Ärger über eine schlechte Verbindung nervt einfach. Es kann gut sein, dass nur einige große Ballungszentren davon betroffen sind – und die meisten meinen Ärgern nicht verstehen, aber wenn ich mir die Entwicklung so anschaue ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ziemlich viele auf dem „digitalen Trockenen“ sitzen…

Liebe Netzbetreiber, verschlaft den Trend doch bitte nicht so sehr – die Nutzer sind die Leidtragenden und im internationalen Vergleich stürzt Deutschland immer weiter ab … 

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15 thoughts on “[Kommentar] Killt das mobile Surfen sich selbst?

  1. Ich kann deinen Ärger verstehen, aber andererseits weiß ich nicht ob sich da überhaupt viel machen lässt.

    Wenn die Spektrum-Lage so wie in AT ist (ich hab nichts widersprüchliches gefunden) dann hat E-Plus 2×5 Mhz zur verfügung.

    Damit lassen sich mit der modernsten HSPA+ Technologie also 2 Carrier aufziehen die jeweils eine Maximal Kapazität von 21 mbits haben, also 42 mbits pro Sendemast.
    Das sind natürlich die technischen Maximalwerte, bei idealen bedingungen.

    Jetzt musst du aber rechnen das sich diese 42 mbits Kapazität 100e oder 1000e Leute an deiner Uni zugleich teilen, noch dazu belasten Geräte die nur HSPA 7,2 oder 3,6 haben die Zelle wesentlich mehr als welche die HSPA+ 21 können, was die gesamtkapazität nochmal verringert.
    Also in real stehen dann vermutlich 10-15 mbit Kapazität zur verfügung die sich alle Kunden des jeweiligen Anbieters teilen.

    Das mit dem Resourcen Teilen konnte ich dieses Jahr sehr gut bei meinem eigenen anbieter 3 (den du ja oben eingebunden hast 😉 ) sehr gut beobachten, und zwar wurde das gesamte Netz komplett abgerissen und neu aufgebaut mit der modernsten HSPA+ HW und fetten Anbindungen an jeden sender. Ich hatte in Folge sowohl in der Stadt, als auch am Land konstant geschwindigkeiten zw. 10 und 13 mbit. Mittlerweile hat sich rumgesprochen wie genial das Netz geworden ist, und zusätzlich wurden ungedrosselte Flatrates sehr stark beworben. Jetzt kann man vor allem in Städten folgendes beobachten: ein Test um 5 Uhr in der Früh: 14 mbits, um 5 Uhr am Abend: 4 mbits. In ländlichen Regionen bleibt der Speed natürlich relativ konstant.

    Zurück zu deiner Uni

    Die Lösung oder Ansatzweise Lösung wären vermutlich nur Femtozellen in jedem Raum, das erfordert allerdings einige an Budget und Planung, ob es VIEL besser werden würde kann man dann auch nicht sagen, analog dazu siehe auch die Situatiion mit WiFi bei großen veranstaltungen.

    • Zum WiFi an unserer Uni könnte ich ausrasten … großer Hörsaal A1 für 1000 Leute … ab Reihe 3 keinen Empfang mehr -.-

      Ich weiß, dass es nur mit großem finanziellen Aufwand möglich wäre die Netze zu verbessern – aber es würde sich auszahlen, derzeit scheuen sich die Provider jedoch davor und so wird alles nur noch schlechter und die investitionen, die nötig werden um alles auf einen aktuellen Stand zu bringen werden von Monat zu Monat größer…

  2. Hi Lars,

    ich kann dir leider auch nur zustimmen. Vor zwei Jahren besaß ich ein HTC Touch HD und konnte in der Würzburger Innenstadt mit o2 einwandfrei mobil surfen. Heute geht mit einem weitaus fortschrittlicheren Galaxy S2 an gleicher Stelle fast nichts mehr – es ist gewissermaßen tragisch.

    Problematisch sehe ich allerdings deine These man könne Kunden mit Netzleistung gewinnen. Das mag sicherlich für "Technik Geeks" wie uns und Geschäftsverträge absolut zutreffen – die Masse bekommt man jedoch leider über den Preis. Otto-Normal-Nutzer geht nämlich davon aus, dass 7,2 MBit bzw. 14,4 Mbit kontinuierlich zur Verfügung stehen. Das Werbemerkmal ist hier leider die theoretische Geschwindigkeit und an der ändert sich durch quantitativen Netzausbau leider nichts. Es ist wie bei Digicams. Das Gros der Kunden würde auch noch eine 40 Megapixel-Kamera einer mit nur 30 vorziehen…

    Btw: Fantastischer Blog. Bin durch Zufall darauf gestoßen, werde ihn aber gleich mal bookmarken.

  3. Ich teile deine Ansicht, dass die Entwicklung der Netztechnik und -kapazität im Vergleich zur Entwicklung der Smartphones und dem Nutzungsverhalten des mobilen Internets deutlich hinterherhinkt. Es ist wie ein Lauf von Hase und Igel.

      • Ich weiß das o2 gerade massiv daran arbeitet genau an hotspots (bahnhöfe / uni's / stadion) auf LTE ausbau zu setzen. Andere Stätische gebiete bekommen entweder zusätzliche UMTS/HSxPA (node b) masten oder upgrade auf HSxPA +. Diese Taktik ist eine die denke ich genau das vorherrschende problem behebt. Startzeitpunkt bei den meisten masten ist 01.01.2012 und 01.06.2012 (freigabe der bundesnetzargentur).

          • richtig die haben nich umgehend einen nutzen aber ist halt auf längere sicht besser. Gezielter ausbau und optimierungen sind a günstiger und nutzen den großstadtkunden merh. die ersten LTE handset werden bei den meisten anbietern zu ende des 2. quartals 2012 angeboten.

  4. Hallo Lars,
    kann Dir nur voll zustimmen, ich wohne in München im Uni-Viertel und habe eine O2-Datenkarte in meinem iPad, aber es ist echt traurig, was da noch an Datendurchsatz möglich ist, jetzt direkt nach Semesterbeginn ist tagsüber teilweise kein vernünftiges Surfen und Mailen möglich.
    An anderen Stellen in der Stadt ist es etwas besser, aber generell ist von den versprochenen UMTS/HSPA-Geschwindigkeiten sehr oft nicht viel zu spüren.
    Leider kann man mit dem iPad mit iOS5 nicht von Hand auf GPRS umstellen, denn früher ging das zumindest auf dem iPhone und hat bei überlastetem UMTS-Netz geholfen.
    Ach ja, in München ist übrigens der Sitz der O2-Zentrale, schon peinlich, was sich O2 da in der "O2-City" leistet, werde wohl bald mal ein anderes Netz ausprobieren (Vodafone oder Telekom), welche Erfahrungen gibt es denn da mit der Netzqualität in München?
    Grüsse, Mike

    • München hört man bei Vodafone halbwegs gutes … aber kostet zum einen mehr und zum anderen ist es je nach Viertel vermutlich unterschiedlich: die meisten Studenten setzen wohl auf EPlus (günstig), danach o2 (auch günstig), danach Vodafone (gute Studentenangebote) … und im Uni-Viertel dürfte es daher auch hier wieder eng werden…. =(

  5. Jop ich kann dir voll und ganz nachempfinden was du meinst. Ich arbeite in Jena und habe da auch ziemlich viel Ärger mit o2, weil die ganzen Studis die Netze so dermaßen belasten das häufig nichts mehr geht. Naja etwas müssen wir uns noch gedulden, dann gibts in den Städten auch LTE und damit sollte zumindest das Problem beseitigt sein und da bin ich auch gerne bereit ein paar mehr Euros auszugeben.

    • 90€ für 20 GB finde ich zu heftig …

      Mit o2 und Eplus ist es halt das gleiche Problem: relativ günstig und daher viele Studenten, die darauf setzen … und an den Knotenpunkten gibt es dann eine Überlastung =(

  6. hm als österreicher kann ich dazu nur sagen, die tarife hören sich toll an, aber so gut sind die verbindungen bis auf die großen städte auch nicht

    • Kann gut sein – über die Netzqualität weiß ich da wenig. Aber wenn es danach ginge müssten die Anbieter hier ja wenigstens die Preise runterschrauben ^^

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