Anton hatte gestern darüber berichtet: Apple hat im Wegen des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Landgericht Düsseldorf erreicht, dass vorerst kein Samsung Galaxy Tab 10.1 in Europa verkauft werden darf, lediglich für die Niederlande gilt diese Regelung noch nicht (europäische Feinheiten, die hier nicht hergehören), jedoch strebt Apple mit einer Klage dort ein ähnliches Ziel an. Grund für die Entscheidung des LG Düsseldorf ist die angebliche Verletzung einer europäischen Designrichtlinie … auf dem Gebiet kenne ich mich dann auch mal juristisch weniger aus, vermute aber eine Nähe zum europäischen Markenrecht und Geschmacksmusterrecht. Samsung selber hat nun offiziell Stellung zu dem Beschluss des LG Düsseldorf genommen:
“Samsung is disappointed with the court’s decision and we intend to act immediately to defend our intellectual property rights through the ongoing legal proceedings in Germany and will continue to actively defend these rights throughout the world. The request for injunction was filed with no notice to Samsung, and the order was issued without any hearing or presentation of evidence from Samsung. We will take all necessary measures to ensure Samsung’s innovative mobile communications devices are available to customers in Europe and around the world. This decision by the court in Germany in no way influences other legal proceedings filed with the courts in Europe and elsewhere.” – Kim Titus
Die Tatsache, dass Samsung selber erstmal von der Entscheidung nichts wusste ist nicht unüblich, beim einer einstweiligen Verfügung wird – nach einigem juristischen Vorgeplänkel in der Regel – in Abwesenheit des Beklagten gegen ihn entschieden. Dies ist in der Regel nach §§ 935 ff ZPO dann zulässig, wenn eine Klage in der Hauptsache die Rechte des Klägers aufgrund ihrer Dauer nicht zu schützen vermag. Insofern kann man aus juristischer Sicht die Entscheidung des LG Düsseldorf sogar halbwegs nachvollziehen: es gibt eine europäische Designrichtlinie und eine Verletzung ist auch durchaus im Bereich des Möglichen, schließlich ist die Richtlinie mehr als generell gehalten.Was mich an der Sache viel mehr stört ist die Haltung der deutschen und europäischen Rechtssprechung bzw. vielmehr die Gesetzgebung: Wie kann es sein, dass ein so generelles Äußeres, ohne eine wirkliche erkennbare schöpferische Leistung derartig geschützt wird? Ich mein – runde Ecken? Herzlichen Glückwunsch, gab es schon früher – und auch sonst ist das Design eher ein „Form follows Function“-Ergebnis denn ein besonderes Werk, dass den großen Schutz des deutschen bzw. europäischen Urheberrechts verdient. Durch die Haltung der zuständigen Behörden und die entsprechende Gesetzeslage riskiert Europa hier viel. Denn durch die derzeitige Gesetzeslage werden Innovationen für den europäischen Raum blockiert, die Europäische Union somit unattraktiv für Industriezweige wie die Technologiebranche, die von Innovationen leben, wie kaum eine Zweite. Ich rede hier auch nicht als Samsung Fanboi – dieses Problem betrifft viele, Apple klagt beispielsweise derzeit auch gegen Motorola (Quelle). Versteht mich nicht falsch: schöpferische Leistungen müssen geschützt werden, jedem gebührt der Lohn für seine Arbeit. Aber es muss eine Leistung geben – und wenn man jeden Fitzel irgendwie schützen kann, dann unterläuft das eigentlich die Intention des Gesetzgebers, eben nur bestimmte Werke zu schützen ab einer gewissen Schöpfungshöhe. Ich weiß, dass meine Haltung unter Juristen „ein wenig“ umstritten ist, aber im Sinne der Globalisierung kann es einfach nicht sein, dass sich einzelne Wirtschaftszonen durch eine absurde Gesetzeslage ins internationale Abseits der Innovationen schießen. Und Apple? Apple nutzt die Rechtslage aus – bewegen sich komplett im Rahmen des Legalen und wehren sich gegen die wachsende Marktmacht von Android und den Herstellern, die auf das Betriebssystem setzen mit juristischen Mitteln. Kann ich nicht verurteilen – nur sollte die Gesetzgebung flexibel und weitsichtig genug sein, um ein solches Vorgehen und die marktbeherrschende Stellung von Apple nicht noch mehr zu schützen.
Was wird Samsung jetzt machen? Naja – es dürfte sehr wahrscheinlich sein, dass Samsung gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen wird. Dann wird mündlich über die Sache verhandelt und ein Urteil gefällt – aber so etwas kann dauern. Samsung wird versuchen die Sache zu beschleunigen, damit die Geräte nicht in den Läden lagern, jedoch nicht verkauft werden dürfen. Ich würde an Samsungs Stelle ernsthaft darüber nachdenken, anderen Märkten wie z.B. Russland temporär den Vorzug zu geben und dort die Geräte absetzen zu können, bis die Sache hier geklärt ist. Danke Apple.
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Quelle: MobiFlip.de und FossPatents
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Da haste recht. Es kann doch nich sein das sowas geschützt ist. Es is ja wirklich nur 4-eckig…wie ihr schon geschrieben habt: “Form follows Function”. Is ja, als würde Mercedes den anderen untersagen Autos zu bauen, weil die auch alle 4 Räder und einen Motor haben…
Da kann man ja echt mal gespannt sein wo sich das alles mal hin entwickelt…
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Also die haben ja echt ne Macke..alle anderen Pads sind auch rechteckig und haben runde Ecken. Wieso trifft es da also hier nur Samsung? Nur weil diese in Apples Augen der größte Konkurrent sind?
Zumindest im Moment die wohl größte Gefahr. Aber – nicht nur Samsung muss im Moment dran glauben, Beispiel Motorola: http://fosspatents.blogspot.com/2011/08/apple-is-… hier wird ebenfalls wegen des Designs geklagt!
Es kann nicht sein, dass ein so allgemeiner Kram einen so hohen Schutz genießen kann. Die Rechtssprechung und Gesetzgebung muss hier genauer werden und die ausführenden/prüfenden Behörden mal ein wenig nachdenken vor der Genehmigung. Außerdem muss es leichter werden, sich gegen solche Fehlentscheidungen wie den hier bestehenden Designschutz zu wehren…