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Im Vorfeld der Google i/o gab es zahlreiche Gerüchte: Ein neues Nexus 7, Android 4.3 oder sogar ein x-Phone – alles bis jetzt nicht eingetroffen und vermutlich für den Herbst aufgehoben. Gestern gab es noch ein anderes Gerücht: Ein Samsung Galaxy S4 „Google Edition“ als Gerät mit nacktem Android und ohne die häufig kritisierte TouchWiz-Oberfläche.

Hätte man mich gestern gefragt, welches Gerücht am unwahrscheinlichsten wäre, dann dieses. Trotzdem hat Google (in dem App- und Content-Feuerwerk zu dem wir euch später noch eine kurze Zusammenfassung liefern) ein Samsung Galaxy S4 mit einer „Nexus-like Userexperience“ vorgestellt. Für mich eine der größten Überraschungen der Präsentation und direkt stellt sich die Frage nach dem „Warum?“.

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Eigentlich sollte man meinen, dass Samsung absolut gar kein Interesse an einem Galaxy S4 mit nacktem Android haben könne. Samsung ist bekannt für die TouchWiz- oder Nature-Oberfläche mit ihren Funktionen. Genau hier hat man bei dem Samsung Galaxy S4 die Innovationen gezeigt (und auch viel Kritik für die Spielereien einstecken müssen). Dazu kommen noch zahlreiche andere Punkte, meiner Meinung nach am wichtigsten: In den USA gibt es Studien und lauter werdende Stimmen, wonach Samsungs „Galaxy“-Marke bekannter ist als Googles Android. Samsung ist damit in einer komfortablen Situation: Man fährt geschätzt über 90 Prozent der mit Android erwirtschafteten Gewinne ein, beherrscht die Android-Sparte und Google kann hier nur wenig machen. Nur als Gedankenspiel: Samsung könnte irgendwann mit Tizen die Nature UX 1:1 nachbauen und vermutlich würde der berühmte Durchschnittsnutzer kaum etwas merken.

Gegen ein Samsung Galaxy S4 „Google Edition“ hätte vor der Präsentation also eine Kannibalisierung der eigenen Galaxy-Brand gesprochen, außerdem, dass man gerade die tollen Software-Features des Galaxy S4 entfernt und zeigt „es geht auch ohne“. Es stellt sich die Frage nach dem Warum. Besonders, da für Google erstmal nur Vorteile winken: Man hat DAS Flaggschiff des Jahres mit der eigenen Oberfläche, wird in Zukunft dafür bekannt sein, dass man das Flaggschiff schneller aktualisiert, hat eine größere Auswahl für Nexus-Fans und darf das Gerät zudem über den eigenen Play Store vertreiben.

Irgendetwas muss Samsung also von dem Deal mit Google haben. Die Entwickler-Community? Nein, diese hätte man auch leichter beglücken können: Nur mit der Bereitstellung von Treibern und Quellcodes beispielsweise. Klar, über die „Google Edition“ dürfte es sehr bald sehr perfekte AOSP-CustomROMs geben, aber dafür hätte es keiner eigenen Version des Flaggschiffs bedurft.

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Der Stolz bei der Präsentation zeigt jedenfalls, dass Google froh ist, eine Nexus-Version des Galaxy S4 bieten zu können. Oder bieten zu dürfen. Samsung war in einer komfortablen Verhandlungsposition. Einen schnellen Zugang zu Updates hatte man eigentlich schon früher, vielleicht hat man sich durch den Deal aber noch etwas Zeit erkauft, um die riesige Produktpalette noch früher mit der neuesten Android-Iteration versorgen zu können. Vielleicht will Samsung auch testen, wie gut es ohne TouchWiz läuft. Genau hier dürfte man Google nämlich einiges zeigen dürfen: Mit einem Preis von $649 ist es teurer als alle Geräte die Google derzeit über den Play Store vertreibt (mit Ausnahme des Chromebook Pixel in den USA). Die niedrigen Preise waren Samsung ein Dorn im Auge, schließlich kostete ein Nexus 4 nur die Hälfte eines Galaxy S III, hat aber für den normalen Nutzer fast das Gleiche geboten. Ich bin gespannt, wie sich das Galaxy S4 „Google Edition“ verkaufen wird. Ich könnte es mir zwar als heiß begehrtes Developer-Gerät vorstellen (wenn auch teuer), der normale Nutzer dürfte aber nicht einmal von der Version erfahren (= geringe Verkaufszahlen). Für die Entwickler mag es allerdings auch nur interessant sein, auf dem Android-Smartphone mit der (bald) größten Verbreitung zu entwicklen und trotzdem auf die Nexus-Vorteile nicht verzichten zu müssen – allerdings kostet das Nexus 4 weniger als die Hälfte und die Emulatoren sind inzwischen leistungsstark, sodass die Hardware nicht unbedingt benötigt würde.

Samsung bekommt einen zusätzlichen Vertriebskanal (Hey, der erste Hersteller, der neben den Google-Geräten Hardware unter eigenem Namen über Google verkaufen darf!) und möglicherweise für die „Nexus-like userexperience“ auch schnelleren Zugriff auf Updates – gleichzeitig dürfte Samsung damit auch demonstrieren, wie stark die Galaxy-Marke ist, da die Kannibalisierung nur in den Köpfen von Geeks stattfinden wird. Der normale Nutzer interessiert sich (noch) nicht genug für Oberflächen, Betriebssysteme und Co. Man zeigt Google die eigene Stärke und könnte indirekt sogar testen, ob ein – hypothetischer – Wechsel auf das eigenen Open-Source OS Tizen möglich erscheint, da die Galaxy-Marke genug Zugkraft hat. Einzig, dass man die Features des Galaxy S4 durch die „Google Edition“ als entbehrlich darstellt stört mich – aber das dürfte wohl auch ein Geek-Problem sein.

Interessant wird, ob Apple auch das Galaxy S4 in der Google Edition in den neuesten Prozess ziehen wird, nach dem Galaxy Nexus fehlte es eigentlich an Geräten von Samsung mit nacktem Android (das Google Nexus 10 wird schließlich von Google selber verkauft und läuft auch nicht unter dem Namen von Samsung).

Vorstellung etwa ab 1:00:00

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10 thoughts on “Das Samsung Galaxy S4 Google Edition – Warum? [Kommentar]

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  3. Vielleicht ist es auch so das durch knox Samsung bald den customroms ein ende setzen wird um im firmenbereich besser aufgestellt zu sein und mit der google edition gibt es für die com eben ein phone für customroms

  4. Ich glaub eher, dass dies ein Symbol des engen Zusammenhalts zwischen Google und Samsung ist. Es gab ja immer die Gerüchte, dass sich Samsung von Google trennen will und Google widerum die starken Galaxy Verkaufszahlen erschrecken.
    Ich glaube also, dass ist eher ein symbolischer Schritt, um die Gerüchte aus der Welt zu schaffen.

  5. Ich denke, beide Seiten haben Vorteile, Google hat das derzeit beste Smartphone nun auch im Google Play Store, kann vielleicht sogar noch besser bei der Entwicklung von neuen Android Versionen mit Samsung als starkem Partner zusammenarbeiten, für Samsung dürfte es jedoch mehrere Vorteile geben, als erster das Samsung GALAXY S4 unter eigenem Namen im Google Play Store, sofortige Android Updates für die User und – vielleicht testen sie auch einfach, ob man in Zukunft das pure Android vertreibt und TouchWiz & Co. könnten dann als kostenpflichtiges Upgrade erworben werden.

    • Die Idee mit der kostenpflichtigen Oberfläche finde ich sehr interessant und könnte ich mir nicht nur für Samsung sondern auch für andere Hersteller vorstellen.

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