In London beim Galaxy S7 & GearVR-Konzert mit „Years & Years“

Kein Thema hat den diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona so beherrscht wie Virtual Reality. Kein anderes Gebiet erzeugt derzeit einen derartigen Buzz.

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Samsung spielt hier tatsächlich schon etwas länger mit, anstatt auf autarke Lösungen wie die Oculus Rift oder HTC Vive setzt man bei den Südkoreanern mit der Gear VR auf eine erweiterte Halterung für einige Smartphones von Samsung, in welcher das Smartphone-Display als VR-Display dient. VR hat derzeit allerdings neben vielen kleinen (Akkulaufzeit, Auflösung) einen großen Knackpunkt: Die Inhalte. Allerdings arbeitet Samsung mit dem von Facebook übernommenen Unternehmen Oculus zusammen und kann insofern in der Brille ein inzwischen auf jeden Fall ordentliches Angebot an Spielen, Filmen und anderen VR-Erlebnissen bieten. Mehr dazu folgt dann bei Gelegenheit in einem ausführlichen Test.

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Die Inhalte werden stark ausgebaut, aber bis ich auf dem MWC 2016 dann mal wieder eine GearVR auf der Nase hatte, war für mich das Angebot in meiner Vorstellung noch sehr überschaubar. Einen ähnlichen Fall hatte Samsung bei 4k/UHD-Fernsehern, weshalb man Ende 2014 ein Konzert von Linkin Park erstmals live  per Satellit ausstrahlte, um den Nutzern zu zeigen, dass die Anwendungsgebiete immer zahlreicher werden.

GearVR_YearsAndYears_4 In die gleiche Richtung hat Samsung vorgestern in London experimentiert. Mit der Band „Years & Years“ brachte man den ersten GearVR-Livestream eines Konzertes. Zugegeben: Meine Musikrichtung ist das nicht, die Band kannte ich nicht, zwei Songs waren mir aber aus dem Radio ein Begriff. In Großbritannien hat die Band letztes Jahr so ziemlich alles abgeräumt, was zu holen war, für einen VR-Testlauf also absolut das Richtige.

GearVR_YearsAndYears_8Im Londoner „The Hospital Club“ gab es ein kleines Konzert für Fans, interessant dabei war das VR-Drumherum. Zwei Punkte fallen besonders auf: Zum einen hatte man zentral in der Mitte der Bühne, zwischen den Zuschauern vor der Bühne und oberhalb der Bühne auf einer Laufschiene 360°-VR-Kameras positioniert, welche das Geschehen einfangen sollten. Übrigens keine Gear360, zum einen ist die Kamera noch nicht auf dem Markt und die Software vermutlich noch nicht ganz final, zum anderen ist die Gear360 eine leichte VR-Einsteigerkamera, bei einer solchen Gelegenheit darf es dann aber auch etwas mehr sein. (Für die anwesenden Journalisten gab es dann aber die Gear360 mit dem Galaxy S7 kurz zum ausprobieren.)

GearVR_YearsAndYears_9Neben den Kameras gibt es noch einen zweiten Punkt, den man dann auch später beim Konzert stark bemerkt hat: Wer VR ausprobiert, wird sicherlich nicht permanent nach vorne schauen, sondern auch Blicke zur Seite riskieren. Um das spannender zu gestalten und nicht nur den Blick auf Kabel hinter der Bühne zu geben, hat Samsung zum einen viele Kabel versteckt und die Bühne selber nicht gestaltet, wie man es sonst kennt: Anstatt Künstlern die vor einer Kulisse performen, spielte „Years & Years“ in einem Lichtkäfig, sodass die Bühne auch aus Perspektive der Kamera in der Mitte der Bühne optisch etwas hergab.

GearVR_YearsAndYears_7Die ersten zwei Songs schauten sich ein Teil der anwesenden Journalisten und Blogger auf der GearVR inklusive Galaxy S7 an, gemütlich mit einem Bier im Drehstuhl. Ich habe VR schon einige Male ausprobiert und den Drehstuhl finde ich tatsächlich wichtig, bevor man sich stehend dreht und im Zweifel irgendwo drüber stolpert, kann man sich im Drehstuhl bequem drehen, ohne den Kopf verrenken zu müssen. VR hatte vor Ort dann aber tatsächlich sogar einen klaren Nachteil: Über dreißig GearVR live mit „Years & Years“ aus dem Netz zu bestreamen braucht eine entsprechende Bandbreite, die es nicht permanent gab. GearVR-Videos haben meistens 3840×1920 Pixel, also fast UHD-Auflösung, und das mal geschätzt dreißig Brillen wurde dann doch teils zum Nadelöhr und das Video musste gebuffert werden. Schade, wenn die VR-Platte mächtig springt 😉 in den heimischen vier Wänden sieht die Netzwerkauslastung anders aus, da sollte es keine Probleme geben.

GearVR_YearsAndYears_5Wobei das Erlebnis als solches komplett anders war, als andere Konzerte. Ich bin absolut kein Konzertgänger, aber ein paar Konzerte habe ich dann doch schon gesehen und ich fand es einfach stark. Zwar hat abzappeln vor der Bühne sicherlich auch seinen Charme, aber mit einem Swipe über das Touchpad der GearVR konnte man zwischen den drei verschiedenen Kameras des Gigs switchen. Mitten drin auf der Bühne kann man sich dann genau anschauen, was welcher Musiker machte. Ein Wischer und man „stand“ quasi im Publikum vor der Bühne und hatte den „klassischen“ Konzert-Blickwinkel. Ein weiterer Wischer führte einen unter die Decke, dass man im Drehstuhl nur noch auf den Boden schaute, in der GearVR aber das Konzert aus der Vogelperspektive anschaute.

GearVR_YearsAndYears_2Während die verschiedenen Perspektiven normalerweise eine Regie übernimmt, konnte man hier selber bestimmen, was man gerade sehen wollte. Interaktiver als Fernsehen. Dass das Bild in Sachen Schärfe sicherlich nicht an das eine UHD-TV oder auch schon FullHD-TV aus normaler Entfernung herankommt ist klar, aber bei jeder VR-Brille die ich bisher gestestet habe, war das nach einer kurzen Eingewöhnung zweitranging. Es ist interaktiver, packender – wenn auch verschwommen beziehungsweise verpixelt.

GearVR_YearsAndYears_13Als Band ist man es gewohnt, mit der Kamera zu spielen, das machte auch Years & Years, dadurch, dass man aber in der VR deutlich interaktiver eingebunden ist, sich umschauen kann und entsprechend den Bildausschnitt selber wählt, spricht der Sänger einen stärker an. Wie gesagt: Nicht meine Musikrichtung, aber dass man so deutlich näher dabei ist, als bei einem noch so gestochen scharfen Livekonzert hat mir gefallen. Olly Alexander (der Sänger von Years & Years, für euch gegoogelt) sprang rund um die Kamera, man verfolgte im Drehstuhl den Weg über die Bühne und wenn man noch mehr sehen sollte, konnte man in das Publikum oder eben die Vogelperspektive wechseln.

GearVR_YearsAndYears_10Nach zwei Songs haben die Journalisten und Blogger dann die Brille ausgezogen, sind in den Konzertraum gegangen um sich dann den Kontrast zu der VR-Experience „live“ anzuschauen. Joa, auf die Bühne konnte ich nicht mit meinem Fingerwisch springen, schon alleine, da mich die Fans vermutlich vor Neid erschlagen hätten 😉 vor der Bühne war es dann ein privates Konzert, aber ich – wie gesagt, so gar kein Konzertgänger – fand es mit der GearVR tatsächlich angenehmer mit Bierchen im Sessel zu sitzen, anstatt zwischen den Fans zu stehen.

GearVR_YearsAndYears_BierchenAuf der IFA hatte ich mich mit einem Chefentwickler von Oclulus unterhalten. Auch darüber wie die Zukunft aussieht und ob es mit 4k dann endlich gestochen scharfe VR-Erfahrungen geben würde: Nein. Dafür, so  Oculus, bräuchte man Displays mit etwa 12k-Auflösung wegen der Vergrößerung der Linsen in VR-Brillen. Mal abgesehen davon, dass bei einem 12k-Videostream auf ein ohnehin noch nicht existentes 12k-Display die Internet-Bandbreite an seine Grenzen kommt, habe ich für mich festgestellt, dass man nach ein paar Minuten mit einer GearVR die Auflösung tatsächlich … nicht vergisst, aber weniger stark beachtet (der Satz kommt von jemand, der an seinem Desktop-Bildschirm mit 4k arbeitet). Ich hatte mir durch Zufall in der Oculus Fotoanwendung die Tage einige Bilder aus Südostasien in 360° angeschaut, nun also das Konzert in London. Die GearVR ist sicherlich kein Gerät, was ich täglich stundenlang nutzen werde, aber so langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, ab und an für Filme, Fotos und auch Spiele die Brille anzuziehen. Angkor Wat per Knopfdruck, oder aber eben live in das tausende Kilometer entfernte Konzert – die Nummer rockt.

Übrigens: Das komplette 360 Grad Video des Gigs wird am 11. März über Samsungs YouTube- und Facebook-Kanäle veröffentlicht werden. Auch in der Samsung Years&Years-App, die im Oculus Store runtergeladen werden kann, wird das 360 Grad Video veröffentlicht.

Disclosure: Samsung hat mich nach London eingeladen. Ohne die Einladung wäre ich sicherlich nicht für das Konzert einer mir vorher unbekannten Band an einem Sonntag nach London geflogen, sondern hätte mir die Nummer gemütlich vom Sofa aus angeschaut. Dann aber hätte ich nicht gesehen, welche Technik dahinter steckt und wie die Bühne aufgebaut ist, außerdem ist mein Drehstuhl ist nicht so bequem.

Empfehlung: Samsung Gear VR weiß

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12 thoughts on “In London beim Galaxy S7 & GearVR-Konzert mit „Years & Years“

  1. Komisch dass Samsung das obere Halteband der Gear VR generell weglässt, damit die Leute wohl ihre Frisur nicht zerstören 😉 aber finde es deutlich angenehmer mit oberern Halteband zu tragen.

    Achso nur zur Ergänzung autark sind Oculus Rift und HTC Vive auch nicht, da diese mindestens einen 900-1000€ PC brauchen, um zu laufen.

    • Die Gear VR hat ein Fokusierungsrad wodurch eine fehlsichtigkeit ausgeglichen werden kann. Wenn jedoch noch eine starke Hornhautverkrümmung und stark unterscheidlich schlechte Augen hinzukommen, reicht das Fokusrad nicht aus.

      Dann kann man entweder die Brille anlassen und das VR Headset darüber tragen, aber nicht alle Brillengestelle werden reinpassen, es wurde aber schon etwas mehr Platz für Brillen gelassen, dann blieben noch Kontaktlinsen.

  2. Wie ist das eigentlich mittlerweile mit den Verzögerungen zwischen Bewegung und Bild? Ich bin leider sehr empfindlich, was 3D angeht und mir wird nach wenigen Minuten speiübel, wenn mein Gehirn 2 asynchrone Informationen bekommt.

      • Ich konnte letztesmal in den genuss kommen die VR Brille auszuprobieren.. mir ist schon einwenig „schlecht“ geworden. Testgerät war das s6edge.. also zu sagen das Motion Sickness nicht das Problem von Samsung ist ist schon sehr gewagt…

        • Was Sidhisch angesprochen hat mit einer Verzögerung zwischen Bewegung und Darstellung ist bei der Gear VR in der Tat kein Problem, da es nur eine Verzögerung von 12-20ms gibt, diese Verzögerung merkt das Gehirn in VR nicht.

          Motion sickness bzw. Simulator Sickness ist jedoch ein generelles VR Problem, welches andere Gründe hat, das man visuell eine Bewegung sieht, diese aber nicht spürt wodurch das Gehirn Alarm meldet, dies fällt aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich aus und kann auch trainiert werden.

          Auch kommt es auf den Inhalt an, wenn der Inhalt auf einer Stelle ruht und man sich nur umschaut oder es eine konstante Bewegung in eine Richtung gibt, wird von 99% der Nutzer als Problemlos wahrgenommen. Erst wenn beschleunigung, abbremsen oder Richtungsänderungen der Kamera hinzukommen, dann haben deutlich mehr Leute damit Probleme.

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