Samsungs Audio-Lab: Wer? Was? Wo? Warum? [Teil 1]

Kaum ein Consumer-Bereich wird derart von Spezialisten beherrscht wie der Audio-Markt. Extrem spezialisierte Anbieter bieten für jeden Hörgeschmack etwas. Neben zahlreichen günstigen Marken gibt es auch fast legendäre Marken, welche gerade im hochpreisigen Bereich erfolgreich sind. Geht es aber um eine besonders hohe Audioqualität, wird Samsung hier wohl kaum genannt.

Das soll sich ändern, weshalb die Südkoreaner 2015 ein eigenes Forschungs- und Entwicklungslabor ins Leben gerufen haben. Ein Besuch vor Ort liefert einen detaillierten Einblick – und bereits erreichte Erfolge geben Samsung Recht.

Disclosure: Die Pressereise nach Los Angeles erfolgte zusammen mit einigen anderen Journalisten und Medien auf Einladung von Samsung.

Das Audio-Lab liegt dabei nicht in Los Angeles selber, sondern etwas im Landesinneren in der Nähe eines Six-Flags-Parks in Valencia. Valencia wiederum ist ein Stadtteil von Santa Clarita – im Ergebnis fährt man so rund 45 Minuten aus dem Stau in L.A. um Samsungs Audio-Lab zu finden. Dieses liegt in einem Gewerbepark und bis auf ein paar Logos an den Außenwänden ist es eigentlich recht unscheinbar. Dabei hat man erst vor wenigen Monaten die Grundfäche der Anlage durch Anmietung weiterer Gebäudeteile auf 1700 m² gebracht – Raum genug für einiges an Entwicklungsarbeit.

Aktuell arbeiten hier 23 … ja was eigentlich? „Audiophile Mitarbeiter“ dürfte es treffen, „Audio-Nerds“ auch. Ein Potpourri aus Soundingenieuren, Algorithmus-Experten bis hin zu Fachleuten für Psycho-Akustik. In einer relativ überschaubaren Branche wie der Audio-Entwicklung findet sich hier ein Team unter der Leitung von Vice President of Audio & Research Allen Devantier zusammen mit der Aufgabe, Samsungs Audio-Sparte nach vorne zu bringen. Zu anderen Teammitgliedern und der Forschungsarbeit später mehr.

Allen Devantier ist dabei ein bekanntes Gesicht in der Branche. Auch bekannt für CEA-2034, einen 2014 von der CEA eingeführten Standard zur Messung von Lautsprechern, dessen Grundlage er mit seiner Forschung und deren Vorstellung auf der AES Convention schon 2002 in Los Angeles legte. Nur eine seiner Entwicklungen, hält Allen selber doch elf US-Patente. Der Kanadier hat mit Haman, JBL und Infinity große Namen für die Stationen, bevor er 2013 zu Samsung Research America wechselte. Bei einer Branche mit einer überschaubaren Menge an Experten liegt hier auch einer der Gründe, weshalb einige der aktuell 23 Mitarbeiter vormals ebenfalls bei Haman zu finden waren. Zu einem Potential der Übernahme Harmans durch Samsung wollte sich Allen Devantier nicht einlassen – eine spannende Entwicklung, allerdings sieht er das Research-Lab in einigen Punkten vor dem Harmans.

Zwei Kernstücke fallen hier auf: die „anechoic chamber“ und die Transformer-Testwand. Eine „anechoic chamber“, also ein schalltoter Raum ist hierbei grundsätzlich nichts Neues. Ein Raum, in welchem jeglicher Schall durch große Absorber zerstreut wird. Die großen Zacken sehen weich aus, sind tatsächlich aber relativ hart und sorgen für ein absolut seltsames Gefühl. Schalltote Räume gibt es viele und auch deutlich größer, Ziel ist es, einen erzeugten Ton exakt messen zu können, ohne dabei durch den Schall (welcher sonst durch das Hirn meist ausgeblendet wird) gestört zu werden. Steht man in einer solchen Kammer, fehlt der ansonsten wahrgenommene, aber ausgeblendete Hall bei Tönen – sogar das eigene Sprechen klingt dann surreal fremd. Ein Gefühl, welches ich unbedingt ausprobieren wollte, seltsam, aber irgendwie interessant. Vor Ort dann aber unterbrochen durch nach der vollkommenen Stille extrem laut wirkende Quietschen der geschätzt 1,5 Meter dicken (schallisolierten) Tür in den Raum.

Der schalltote Raum, bei einem genauen Blick fallen die „Fäden“ auf, an welchen das 360°-Gestänge für das Mikrofon aufgehängt ist.

Der Clou eines der Herzstücke des Audio-Labs ist dabei nicht die Kammer selber, sondern die Art der Messung: mit einem rund um die Kammermitte laufenden Mikrofon kann in 360 Grad gemessen werden. Das Mikrofon ist hierbei an Angelschnüren aufgehängt, sodass keine Vibrationen übertragen werden und dennoch die komplette Schallausbreitung einer Tonquelle gemessen werden kann. Logisch, dass hier auch die 360°-Lautsprecher der R-Serie getestet wurden (wie eine deutsche Pressedelegation 2016 sehen konnte). Das passende Samsung Audio Measurement System hat man dabei selbst entwickelt, da es schlicht nichts für den eigenen Bedarf Brauchbares auf dem Markt gab. Nun können bis zu 18 Mikrofone gleichzeitig 289 Messungen in 10 Minuten durchführen.

Links der schalltote Raum, rechts die zu öffnende „normale“ Wand, an welcher Fernseher und Soundbars aufgehangen werden können.

Wobei „die Kammer“ der falsche Ausdruck ist: direkt neben dem begehbaren schalltoten Raum liegt eine weitere anechoic chamber. Hier wird allerdings eine komplette Seitenwand aufgeklappt an welcher keine Reflektoren befestigt sind, um an diese etwa Fernseher hängen zu können, es ist also eine „hemi-anechoic chamber“. Die Soundausbreitung von Objekten, welche direkt an Wänden stehen oder befestigt sind ist eine andere.

Ein Samsung QLED Q9, welcher im teil-schalltoten Raum getestet wurde

Um hier auch die abgestrahlten Schallreflexionen der Hinterwand etwa bei einem QLED-Fernseher oder aber Soundbars, welche auch an der Wand befestigt werden können entsprechend berücksichtigen zu können, gibt es diese Kammer. Der Fernseher im schalltoten Raum quasi.

Nur wenn das Licht eingeschaltet und der Vorhang gehoben ist, sieht man die Technik – Hörproben sind dagegen komplett „blind“ und objektiv.

Das zweite Herzstück des Audio-Labs ist die Transformer-Testwand. Allen Devantier hatte eine solche gewollt und laut seiner Aussage „wäre so etwas nur hier bezahlbar gewesen“. Die Erklärung ist einfach: mit Hollywood um die Ecke war er am Ende erstaunt, wie günstig das Projekt eigentlich wurde, gerechnet hatte er mit einem Preis, der etwa fünf Mal so hoch lag. Was es mit der Transformer-Testwand auf sich hat? Ein kurzes Gif sagt mehr als viele Worte:

Hinter einem 100-Prozent tondurchlässigen Vorhang in einem abgedunkelten Raum ist von der Anlage und allen Aufbauten exakt nichts zu sehen. Eine schwarze Wand hinter welcher es kurz rumpelt. Allerdings können hierauf aufgebaute Lautsprecher für Zuhörer willkürlich angesteuert und gewechselt werden, ohne dass der Zuhörer die Sitzposition ändern muss. Um konsistente Testergebnisse unter gleichen Bedingungen von Blindhörern zu bekommen eine tolle Entwicklung. Später mehr dazu, was hier wie gehört wird.

Wenig zu sehen von oben – in der Hitze von Valencia muss die Klimaanlage und Abluft aber überall passen.

Tatsächlich war der erste Eindruck der Anlage, dass sie zwar groß ist, allerdings auch in Teilen unfertig. Der schlichte Grund ist, dass durch die Vergrößerung aktuell auf dann insgesamt 1.700 m² Raum für 17 weitere Mitarbeiter und die benötigten Forschungsanlagen geschaffen wird.

Einer der neuen Räume – bis auf ein paar Lautsprecher im Regal, erinnert hier (noch) nichts an ein Tonstudio

Ein Lautsprecher-Prototyp wird hier im Raum gemessen

Vor Ort sieht man Räume die unfertig sind und Räume wie spannende Labore oder Werkstätten sind nebeneinander. Dazu Büroräume, in welchen die Ergebnisse aus dem Stockwerk darunter vorhergesagt, überprüft oder weiterentwickelt werden.

Optisch abgesehen von den Herzstücken so weit normal, bekommt das Audio-Lab aber einen viel größeren Charakter, wenn einzelne Mitarbeiter ihre Arbeit erklären und es dann RICHTIG nerdig wird. Das eigentliche Herzstück. Mehr dazu und weitere Einblicke in den nächsten Artikeln. Hier der Vlog von Tag 1 im Audio-Lab, ein weiterer Vlog folgt noch.
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6 thoughts on “Samsungs Audio-Lab: Wer? Was? Wo? Warum? [Teil 1]

  1. Ich hab einen R1, einen R5, drei R6 und einen R7. Bin mit den Lautsprechern mehr als zufrieden. Höre seitdem gerne Acustic Versionen, kommen die Instrumente super zur Geltung.

  2. Klingt spannend….
    auch wenn mein Wohnzimmer nicht schalltot ist und ich deshalb nicht die volle Performance geniessen kann

    Ist das nicht der zweite Teil ?
    oder darfst auf den ersten Teil nicht mehr verweisen wegen der pöööösen Streikhansa ?
    😉

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