Google könnte Samsungs Magazine UX verhindern (und was Lenovo und Motorola damit zu tun haben)

Gestern hat es in der mobilen Welt direkt zwei Mal geknallt. Zum einen hat Google  das 2011 für 12,5 Milliarden Dollar gekaufte Motorola Mobility für schlappe 2,91 Milliarden an das chinesische Unternehmen Lenovo verkauft (Trugschluss, war eigentlich deutlich günstiger!), behält aber die meisten Patente. Fast gleichzeitig gab es die Meldung, dass Google Samsung darauf drängt, auf die Magazine UX zu verzichten.

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Die Nummer muss man erst mal sacken lassen: Ein chinesisches Unternehmen mit mehr oder weniger mittelbarem Einfluss der chinesischen Regierung kauft sich den Mobilfunk-Dinosaurier Motorola – ein uramerikanisches Unternehmen. Gleichzeitig bremst Google den größten Partner aus, Android für Tablets endlich ein bisschen ansprechender zu machen. Hier eins und eins zusammenzuzählen ist wichtig, denn diese beiden Entscheidungen könnten die Branche auf Jahre prägen.

Laut Re/code, dem Nachfolgeprojekt von AllThingsD, wird Samsungs Magazine UX womöglich nie das Licht der Welt erblicken. Ähnliche Gerüchte gab es während der CES und auch in Deutschland hatte etwa inside-handy die Meldung schon eigenständig vor Tagen gebracht. Kurz: Die Meldung hat Hand und Fuß, dass Samsungs Magazine UX es auf den Markt schaffen wird ist zumindest fraglich. Dabei ist die Oberfläche, die optisch ein bisschen an Windows 8 erinnert, aber dem Nutzer insbesondere eine häufig als sonst fehlende Tablet-Oberfläche unter Android bringt, ein großer Wurf von Samsung. Ich hatte schon häufiger geschrieben, dass die Magazine UX die eigentliche Sensation der CES ist. Eine Art Kampfansage an Google, dass man mit Android die Marktstellung bei Tablets ausbauen möchte, man die „nackte“ Android-Oberfläche als schlicht zu wenig ansprechend dafür ansieht. In einem Satz: Der größte Android-Partner sagt dem Android-Entwickler, dass die Oberfläche schlecht aussieht.

Videolink

Was erst nur nach indirekter Kritik an den Designern von Google aussieht, ist unter der Oberfläche möglicherweise mehr. Samsung macht weit mehr als 50 Prozent des Android-Marktes aus, setzt weltweit am meisten Smartphones ab und ist somit in einer sehr, sehr mächtigen Position der wichtigen mobilen Branche. Mit Tizen arbeitet man aber an einem Opensource-Ersatz ohne Abhängigkeit von Google und ein Start auf dem MWC 2014 scheint wahrscheinlich. Besonders, da man von Google unabhängig werden möchte, das seit dem Kauf von Motorola 2011 plötzlich selber unter die Hersteller gegangen ist und sowohl das Betriebssystem für Samsung stellt, als auch auf dem Hardware-Markt nun konkurriert. Eine explosive Mischung, besonders weil Google mit dem Moto G ein unglaubliches Preis-Dumping ansetzt.

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Stand vorgestern war es also problematisch: Einerseits möchte Google den größten und wichtigsten Partner nicht verärgern, andererseits möchte man Hardware herstellen um die Entwicklung von Android über Konkurrenz auf dem Markt endlich steuern zu können. Samsung seinerseits verkauft unglaublich viele Geräte, kann aber zur Not irgendwann den Schalter umlegen und auf das optisch relativ ähnliche Tizen umsteigen – dann aber ohne jegliche Kontrolle durch Google. Besonders, wenn es mit Android nicht in die „richtige“ Richtung geht, die man durch die Magazine UX auf der CES zumindest im Tablet-Bereich entscheidend prägen wollte. Endlich „sexy“ Android-Tablets, hier steht die Marktführerschaft in einem Gebiet auf dem Spiel, das herkömmlichen Notebooks und PCs den Rang schon lange am ablaufen ist.

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Wenn man jetzt die Ereignisse der letzten zwei Tage in das Bild einfügt, ändert sich einiges.

  • Motorola Mobility gehört nun für wenig Geld einem der größten Hersteller von Android-Geräten im asiatischen Raum.
    Lenovo erhofft sich dadurch einen Fuß in der Tür zum amerikanischen Markt, der Name eines uramerikanischen Unternehmens könnte helfen, diesen schwierigen Markt zu erobern. Ob das am Ende funktioniert und nicht doch die Vorbehalte gegenüber einem, indirekt der Regierung unterstehendem, chinesischen Unternehmen zu groß sind… abwarten.
    Google wiederum ist das verlustbringende Sorgenkind wieder los. Zwar konnte man mit dem Moto X und Moto G Achtungserfolge feiern, wirklich in die schwarzen Zahlen kommt man nicht und die Absatzmengen sind im Vergleich zu Samsung verschwindend gering. Um aber weiterhin im Patentkrieg mit Microsoft und anderen großen Spielern die Trümpfe in den Fingern zu halten, behält man viele Patente. Hierdurch kann man zudem die eigenen Android-Partner vor Klagen schützen (so zumindest der Ansatz). Außerdem bleibt das Projekt Ara bei Google und das Team wechselt in das Android-Team. Der Witz dabei: Google hat mit dem Deal sogar Geld verdient! Nach Abzug von Verkäufen und Steuererleichterungen hat Google unter dem Strich ein Plus eingefahren und noch bevor nun der teure Aufbau kommt, das Problemkind wieder verkauft. Eine lesenswerte Rechnung findet sich hier.
    Samsung hat einen Konkurrenten weniger, denn dass Motorola unter Lenovo-Führung ähnlich aggressiv die Preise drücken wird ist fraglich. Außerdem gibt Google durch den Verkauf eines der wenigen und möglicherweise das wirksamste Steuermittel über Android aus den Fingern. Jetzt ist Samsung wieder am Drücker.
  • Damit Samsung eben doch nicht mächtiger wird als Google selber im Geschäft, geht Google mit Samsung vor zwei Tagen einen cross-licensing-Deal ein. Beide Unternehmen dürften wichtige Patente des anderen nutzen. Die Partnerschaft wird auf zehn Jahre (!) geschlossen, einem in dieser kurzlebigen Branche unglaublich langen Zeitraum. Man bindet sich aneinander. Samsung wird so nicht auf Tizen wechseln. Vielleicht wird es bei TVs oder ähnlichen Spielereien zum Einsatz kommen, aber bei den Smartphones wird man nicht den Killswitch für die Galaxy-Reihe umlegen und auf Tizen wechseln. Google ist beruhigt. Samsung ist zufrieden, denn bei Android ist man weiterhin die prägende Kraft.
  • Das wiederum macht Google nicht glücklich, das mobile Business ist eine Gelddruck-Maschine. PC- und Laptop-Verkäufe brechen ein, Geld wird in Zukunft vor allem nur über den mobilen Sektor verdient. Google und Android dominieren diesen, der Marktanteil von iOS liegt nur noch bei rund 15 Prozent, Android dagegen bei rund 70 Prozent.  Google hat dieses Baby über lange Zeit aufgebaut, jetzt Samsung wegen der Marktmacht die Zügel überlassen will man natürlich nicht. Samsung wiederum versucht mit der, auf der CES 2014 vorgestellten, Magazine UX das Betriebssystem entscheidend zu verändern. Bereits seit einigen Jahren gibt es Berichte, dass die Galaxy-Brand bekannter ist als die Marke „Android“. Wenn Samsung nun die Magazine UX richtig positionieren kann, sind bald Samsungs Tablets die einzigen, die als „gutaussehend“ im Android-Sektor gelten.Man verkauft viele Geräte und kann damit noch mehr Druck auf Google ausüben.Der letzte Punkt ist vermutlich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Google muss handeln und könnte Samsung dazu gebracht haben (verboten klingt so hart), dass man die Magazine UX fallen lässt. Dafür bietet man den Koreanern eben den Wegfall von Konkurrenz durch Motorola und einige Patente über ein Cross-Licensing an, außerdem könnten im Hintergrund kleinere Gefälligkeiten wie beispielsweise das Wegfallen von Lizenzen für die Google Apps weggefallen sein – wer weiß das schon. Im Gegenzug möchte man die Zügel von Android weiter im Griff haben. Der wichtigste Punkt. Samsung soll mit TouchWiz optisch und auch funktional wieder näher an „nacktes“ Android heranrücken. Außerdem gibt Google die Marschrichtung an.

Klar, viel von diesem Szenario ist Spekulation, aber die Wahrscheinlichkeit, dass einige der Überlegungen, die sich ähnlich auch bei 9to5google oder re/code finden lassen, dürften stimmen. Damit könnten innerhalb von wenigen Tagen die Weichen für den Android-Arm der mobilen Branche gestellt worden sein. Die Tragweite lässt sich noch nicht absehen. Die Branche weiß immer wieder zu überraschen.

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32 thoughts on “Google könnte Samsungs Magazine UX verhindern (und was Lenovo und Motorola damit zu tun haben)

  1. Pingback: Google ist um bessere Beziehung mit Samsung bemüht - All About Samsung

  2. Wenn ich mal einen Schritt/Jahr weiterdenke: Google verbietet Samsung die MagazineUX, Tizen kommt auf den Markt, Samsung bringt die MagazineUX auf Tizen, Tizen wird erfolgreich, Samsung steigt auf Tizen um, Google wird es schwer haben. Wäre doch eine interessante Zukunft, oder etwa nicht?

  3. Ohne samsung wäre Android nichts. Am besten an Android gefällt mit die touchwiz UI. Wenn Google die Magazine UI verbieten sollte, kaufe ich aus Prinzip nichts mehr mit Android, sondern setzt wohl auf Tizen. Das sind ja bald schon apple Verhältnise von Google. Da kann samsung ja nichts für, wenn Google keine richtige Oberfläche hin bekommt.

    • Ich denke mal, sie haben es nicht verboten, sondern man hat sich,geeinigt: Samsung macht ein bissl weniger Software und Services (angeblich hat ja intel eh nichtmehr soviel Bock auf Tizen) und Google macht weniger Hardware (lenovo deal , ende von nexus). Dazu noch Cross Licensing, dann kann Sammy in Ruhe die Brille bauen ohne Angst vor Lucy Koh haben zu müssen :p

      ->jeder ist glücklich

  4. Google ist wie bestimmte Partein, über alles meckern aber nichts besser machen (bzw. Überhaupt nichts zu machen)! Falls das Google macht, ist sollte man Android nicht mehr als „offen“ bewerben! Standart Android für Tablets ist ein übergroßer Handy Launcher (Touchwiz ist da nicht besser)! Die Magazine UX war der größte Fortschritt seitdem es Android Tabs gibt! (Meiner Meinung nach)! Auch wenn Samsung kann Tablets auf Tizen übertragen! Die sollten Tizen vorstellen, mit VIELEN apps, dann hält mich nichts mehr an Android! Android wird immer geschlossener! Das größte Problem ist aber das es für mich kein anderes System gibt (bzw. Keinen anderen Hersteller für micht!)! Bin schon seid 4 Jahren glücklicher Samsung Nutzer und kann von Erfahrung im Androidbereich sprechen! Naja hoffen wir es alle nicht! Google müsste eigentlich mit Samsung Zusammenarbeiten, soviel wie Ssung im Android Markt ausmacht! Da kann man von „Google darf Samsung Patente und anders herum“ sprechen bis der Arzt kommt, Zusammenarbeit ist etwas anderes!!

  5. Ich denke mal, dass Samsung als größter OEM Druck gemacht hat (vllt. auch mit der Tizen-Option), weil die Nexus Linien und Motorola (die ja schon das 90$ Phone propagieren) auf die Margen drücken.

    Wie im Artikel auch schon dargestellt wird, ergeben jetzt Gerüchte / Meldungen aus den letzten tagen mehr Sinn (u.a. auch die Ankündigung von Google die Nexus Linie 2015 einzustellen, Verkauf v. Motorola an einen Besitzer, der damit auch Geld verdienen muss etc.)

  6. Pingback: Weichen für die Android-Zukunft: Samsung und Google arbeiten enger zusammen - GWB

  7. Wenn samsung nicht mal mehr seine magazin ux in dessen oberfläche (touchwiz) mir rein machen kann.. ist es ja so gut wie das gleiche android geschweige touchwiz wie vorher…
    Also bullshit !!
    Ud Androidsmuss mal was Neues haben geschweige die TouchwiZ oberfläche von Samsung!

  8. Scheiß Google soll sich da raus halten UX Magazin ist eine sehr gut app bin total zufrieden Wehr schade wenn die schon wieder vom Smartphone verschwindet

  9. Würde mir gerne die Magazine UX mal in echt anschauen, finde die interessant und sieht so eigentlich recht gut aus. Wenn Google da einen strich durch die Rechnung macht, wird das Note 3 mein letztes Android Gerät sein. Dann muss man halt Alternativen suchen…

  10. Dass Android tablets eine frische und differenzierte Oberfläche brauch ist klar, tablets sollten nunmal keine großen Handys sein.
    Eigentlich ist es ein Witz dass Google den „fortschritt“ (die MUX ist mMn. Nur eine Annäherung, kein wirklicher Fortschritt) durch zweite zu verhindern versucht, im Gegenzug aber selber nichts tut.
    Der Nachteil am Vanilla Tablet Android (Handy und Tab sollten generell eigene optische Versionen haben) ist einfach der Nachteil gegenüber einem Win8 Tablet.
    Google hat die Mittel Android zu einem potenten Windows Kontrahenten zu entwickeln, anfangen könnte man mit einem ansprechenden UI welches den WILLEN zeigt.
    Bis heute sind Tablets, egal ob Samsung o. Apple, nur große Handys ohne (teilweise mit) telefonfunktion. Aber geboten wird einem nichts, ausser mehr Display.
    Vielleicht hätten sie die 12 Mrd $ lieber Adobe, EA usw. Geben sollen damit man mit einer generellen Android Kompatibilität rechnen kann. Dazu noch Android zu einem echten OS mit größerer HW Kompatibilität entwickeln (Ohne VM’s) und schon würde ich mir eine Version auf meinen PC spielen. Baaaam das wärs!

  11. Bitte fangt an besser zu differenzieren. Das Betriebssystem Android ist vollkommen offen und solange man es nicht mit GoogleApps ausliefert, darf man es modifizieren wie man möchte, was man bei Amazon sieht, und man muss nicht mal Lizenzgebühren zahlen. Das heißt man muss gewisse Richtlinien erfüllen um die Apps von Google vorinstallieren zu dürfen, was aus meiner Sicht völlig legitim ist. Das hat nichts damit zu tun ob das Betriebssystem OpenSource ist!

  12. 1. Magazne UX

    Man könnte auch einfach zu einem Launcher aus dem Play Store greifen und in Kürze, wenn nicht schon vorhanden, wir auch einer im Magazine UX-Style kommen.

    Die neue UI sieht gut aus, doch schau dir an wie es User bei Windows Phone, respektive Win 8, sehen. meisten kommen damit nicht klar bzw. finden es ungewöhnlich. Sechs Jahre Icons von einem auf den anderen Homescreen schieben brandmarken doch den User.

    2. Tizen

    Schau dir an was aus Tizen OS bis jetzt geworden ist, nada…. https://allaboutsamsung.de/2012/01/tizen-os-zeigt-sich-erstes-smartphone-wird-das-samsung-i9500-vorstellung-auf-dem-mwc/

    Wenn es denn mal in 1-2 Jahren kommen sollte, fehlen erstens die User, zweitens sehr wahrscheinlich alle wichtigen und coolen Apps. Der Windows Store wächst in den letzten Jahren prozentual gesehen am Schnellsten, doch da findet man nur 50% der Android oder iOS Apps.

    Ferner müssten beim Markstart schon alle wichtigen Bedienelemente aus Android implementiert sein (auch so eine Crux bei WP oder iOS) und daran zweifel ich stark.

    Aber, die Hoffnung stirbt zuletzt….

    Kollegiale Grüße Bengel 😛

  13. Ich wiederum fände es schade, wenn die MagUX doch nicht kommen soll. Das aktuelle TW auf den Tablets ist im Grunde genommen eine übergroße Version für Smartphones. Viel Platz geht dadurch verloren, welches man mit dem MagUX ausbügeln könnte. Naja, aber vllt. kommt mit der nächsten Android Version (5.0 Lasagne?) ne neue UI, welches dann auch auf Tablets gut aussieht.

    Oder es kommt zum Szenario des Jahrhunderts und Samsung kauft Google. Wer weiß schon, was in den nächsten Jahren passieren wird.

  14. Find ich gut, die normale Android Oberfläche ist wesentlich besser. Ich halte nicht viel von der Magazine UX. Aber gut Geschmackssache wenn man so will.

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