Samsungs Audio-Lab: Ein Erklärbär zu Lautsprechern und die Sache mit Anti-Distortion [Teil 2]

Das Wichtigste vorab: ich bin weder audiophil noch habe ich besondere Ahnung im Audiobereich. Ich höre gerne Musik, habe aber tatsächlich Zuhause derzeit keine gesonderten Lautsprecher – Ton kommt daher entweder über meinen Samsung CF791 (Monitor) oder aktuell einen Samsung KS9090 (Fernseher). Unterwegs und beim Videoschnitt setze ich auf Sennheiser Momentum Wireless (Kopfhörer).

Wenn man dann aber in Samsungs Audio-Lab in Kalifornien fliegt, lernt man so Einiges. Zeit für einen Blick in die Details mit einem Audio-Nerd als Lehrer.

Disclosure: Die Pressereise nach Los Angeles erfolgte zusammen mit einigen anderen Journalisten und Medien auf Einladung von Samsung.

Wenn ich sage „keine besondere Ahnung“ heiß dies, dass ich so ungefähr den Aufbau eines Lautsprechers kenne und das war es dann. Denkbar kompliziert wird es, wenn dann ein Elektro-Ingenieur etwas zu nichtlinearen Vorverzerrung erklärt. Das Ergebnis lässt allerdings aufhorchen. Wie im ersten Teil der Reise in Samsungs Audio-Lab erwähnt, sind die Herzstücke der Forschungseinrichtung neben schalltoten Räumen und einer Transformer-Wand die Mitarbeiter.

Zur Erklärung (wie gesagt: mein Wissen ist hier begrenzt, vieles musste ich auch erst nachlesen) stark vereinfacht einmal die Funktionsweise: Einfache Lautsprecher haben nur einen Wandler, der den kompletten Frequenzbereich abdeckt – das aber dann nicht so exakt und gut. Ein HiFi-Lautsprecher besteht in der Regel dagegen aus zwei oder noch besser drei einzelnen Wandlern für jeweils einen speziellen Frequenzbereich. Am Ende kann der Lautsprecher dann so ein großes Frequenzspektrum sehr genau abbilden. Üblich ist etwa ein Hochtöner (Tweeter), der Frequenzen zwischen 2.000 und 20.000 Hertz abdeckt, ein Mitteltöner (Midrange-Woofer) für 200-2000 kHz und ein Tieftöner (Subwoofer) für den Bass, der alles unter 200 Hertz bedient.  Jeder Wandler (oder einfacher: Einzellautsprecher) besteht dabei grundsätzlich und vereinfacht aus drei Bestandteilen: Membran, Antriebseinheit (vereinfacht einem Elektromagneten plus andere Bauteile) und dem verbindenden Gerüst. [Sondererklärung: das wäre zu viel für Lautsprecher im Smartphone, der Platz ist begrenzt, diese funktionieren daher anders.] Für tiefe Frequenzen muss viel Luft bewegt werden – also sind hier die Tieftöner größer [weshalb Subwoofer entsprechende Dimensionen haben), Mittel- und Hochtöner dagegen immer kleiner.

Mein (verschmiertes) Galaxy S7 edge vor einem (auf der Membran liegenden) 10 Zoll Driver. Große Membran, viel Platz – einfach hier guten Bass herauszubekommen.

Damit nun ein Wandler (platt ausgedrückt einer der Lautsprecher für einen Frequenzbereich, alle drei zusammen sind dann der eigentliche HiFi-Lautsprecher) einen Ton erzeugt, versetzt der Antrieb (ein Elektromagnet) die Membran in Schwingungen indem er sich entsprechend schnell bewegt. Bei einer großen Membran relativ langsam, dafür wird viel Luft bewegt, es entsteht eine niedrige Hertzfrequenz, was dann Bass genannt wird (Tieftöner). Mitteltöner haben kleinere Ausmaße bei der Membran, diese bewegt sich schneller, Hochtöner werden dann noch kleiner, die Membran schwingt sehr schnell und beispielsweise 20.000 Hertz sind möglich. Vereinfacht also: je größer der Einzellautsprecher, desto langsamer kann sich die Membran bewegen und desto tiefer geht der Ton; je kleiner die Membran, desto schneller kann sich diese bewegen und desto höher der Ton.

Zwei (unterschiedlich große) Mitteltöner wie sie in der Samsung HW-MS650 und HW-MS750 Soundbar verbaut sind. Ungleich kleiner als ein 10 Zoll Subwoofer.

Das klingt so weit einfach, tatsächlich braucht es hier aber schon sehr viel Know-How: Wie muss das Gerüst aussehen, damit Vibrationen die Membran nicht stören, wie elastisch ist die Membran, woraus besteht diese, wie genau ist die Frequenzausbreitung einer Memran und viele andere Parameter entscheiden hier über den Wandler selber.

Legt man nun das Signal des eigentlichen Ton an, ist das gehörte Ergebnis durch viele Parameter ein anderes.

Damit dieser nun einen Ton ausspuckt, wird ein Signal angelegt, welches den Antrieb bewegt. Vereinfacht also ein Signal, welches dem Elektromagneten sagt, wie schnell er ein- und ausgeschaltet wird und sich und die Membran entsprechend bewegt. Würde man aber nun einfach das akustische Signal umgewandelt hier anlegen käme vermutlich alles dabei raus, nur nicht der gewollte Ton, da die vielen Parameter sich von Lautsprecher zu Lautsprecher, Membran zu Membran und Material zu Material unterscheiden.

Pascal Brunet

Vereinfacht kommt hier Pascal ins Spiel. Dr. Pascal Brunet ist einer der Mathe-Nerds im Haus und irgendwie hat man den Eindruck, dass im Audio-Lab alle beeindruckt von seiner Arbeit sind, aber die Details auch teilweise nicht verstehen. Nach Bachelor und Master in Paris, folgte der Ph.D in Electro Engineering in Boston über die nichtlineare Simulation von Lautsprechern. Danach folgten Stationen unter anderem bei Brüel & Kjær und als DSP-Entwickler bei Listen Inc, beides ausgewiesene Spezialisten im Bereich der Audiomessung – und danach ging es als Director of Research zu Samsung Research America. Kurz: eine Koryphäe auf dem Gebiet, die bei Samsung im Audio-Lab arbeitet.

Ein Prototyp im Labor – wie bekommt man jetzt aus einer Audio-Datei am Ende den Ton raus, den man braucht?

Pascal ist nun zuständig für den DSP: der Digital Signal Processor berechnet Anhand der Parameter vorher, wie genau das ursprüngliche Signal verändert werden muss, dass es TROTZ der vielen Parameter am Ende einen Ton erzeugt, der so gewollt war. Das ist so lange eine einfache Sache, so lange die ganzen Parameter sich linear vorhersagen lassen. So weiß man, wann die Membran gerade wo ist und kann den Elektromagneten entsprechend ansteuern, dass die Frequenz am Ende den gewollten Ton darstellt. Vereinfacht verfälscht man also das Signal so, dass es mit den ganzen Störfaktoren und Parametern am Ende den richtigen Ton ausspuckt. Bildlich vereinfacht: Will ich einen Ton bei 1800 Hz, die Membran ist aber was fester und der Elektromagnet stört sich bei der Frequenz an dem Luftkreislaut im Wandler, gibt es halt ein Signal für 1.840 Hz – durch die ganzen Probleme wird die Membran verlangsamt und es kommen am Ende genau 1.800 Hz heraus. Wobei das nur der vereinfachte, leichte Teil eines komplexen Problems ist.

Viele Mitteltöner, viele Eigenschaften – und irgendwie soll am Ende der Ton passen.

Ein Lautsprecher hat einen begrenzten Raum. Nach hinten kommt die Rückseite des Lautsprechers, nach vorne wird die Membran gestört oder beim Rückfedern fehlt der Platz. Es gibt aber noch einen weiteren Bereich, der entscheidend ist: für einen bestimmten Bereich lässt sich das Verhalten der Komponenten, insbesondere von Membran und Elektromagnet, linear vorhersagen, aber eben nicht, bis der Antrieb an die Rückseite knallt (hierfür gibt es ohnehin einen Limiter der Schaden vermeiden soll), sondern hierzwischen liegt noch ein weiterer Bereich.

Würde gerade so viel Power an den Elektromagneten geben, dass er nicht an die Rückseite knallt, wäre der Ton trotz linear vorhergesagter und entsprechend verändertem Signal meistens dennoch totaler Murks (ihr kennt das, der normale Lautsprecher knarzt, der Ton ist verzerrt wenn man die Box bis zum Anschlag aufdreht). In einem gewissen Bereich ist das Verhalten der Bestandteile eben NICHT linear. Pascal hat hier einen nichtlinearen Algorithmus entwickelt (inklusive Patent), welcher in diesem Bereich trotzdem genau Ort und Bewegung der Membran vorhersagt. Entsprechend kann in diesem Bereich, den man eigentlich meiden muss, weil der Ton unvorhersehbar (und damit schlecht) wäre, dank dieser nichtlinearen Kontrolle trotzdem einen genauen Ton erzeugen. Vereinfacht: selbst wenn es unvorhersehbar wird, was der Lautsprecher macht, kann mit Pascals Algorithmus ein „Störsignal“ errechnet werden, welches dann am Ende die Membran genau auf die gewünschte Bewegung und so auf den gewünschten Ton bringt. Nichtlineare physikalische Hellseherei – oder so. Das ist bisher so meines Wissens nach für Lautsprecher einzigartig.

Diese digitale Anti-Verzerrung oder Vorverzerrung (Anti-Distortion) auf Basis eines nichtlinearen Algorithmus vor(!) der Erzeugung eines Tons ist der große Punkt von Pascal, der den Wandlern selber viel mehr Bewegungsspielraum gibt, in welchem sie genau so arbeiten, wie sie es sollen und dank einem hierüber variablen Limiter dennoch vermeiden, dass der Lautsprecher Schaden nimmt. Gleichzeitig wird dann auch noch der erzeugte Ton überwacht und mit der Vorverzerrung abgestimmt, sodass wirklich sichergestellt wird, dass der Ton bei der Wiedergabe passt. Klingt gut, aber was bringt der Trick? Ganz einfach: Platz. Bei (beziehungsweise in) Lautsprechern ist eben einer der wichtigen Faktoren der verfügbare Raum: je mehr Platz, desto mehr Bewegung der Membran ist möglich und desto tiefer kann ein Ton werden – gerade bei den kleineren Mittel- und Hochtönern ein Punkt der so kaum möglich war. Nichtlinear gibt es somit mehr Platz für mehr Ton. Statt 2000 Hertz kann die Membran eines Hochtöners beispielsweise langsamer mit 700 Hertz vibrieren. Oder der Mitteltöner kann trotz kleiner Membran sehr langsam vibrieren, viel Luft bewegen und somit einen Bass erzeugen.

In der Samsung Soundbar HW-MS650 und bald dann auch in der auf der CES 2017 vorgestellten HW-MS750 geht das Frequenzspektrum trotz verhältnismäßig kleiner Driver OHNE Subwoofer von tiefen 40 Hertz bis hoch zu 20.000 Hertz. „Einfach“ indem das Frequenzspektrum der Mitteltöner vergrößert wurde und ein Teil der Wandler zusammengeschaltet eine Art Bass hinbekommt, wie es sonst nur weitaus größere Tieftöner hinbekommen. Dafür braucht es einen Buffer von 2ms und 60ms für den DSP um das korrekte Signal zu berechnen. Das Ganze nennt sich dann Sound+. Viel Bass aus wenig Raum, sodass die Soundbar auch ohne Subwoofer ordentlich Bass bringt. So weit so gut, für heute genug gelernt – der nächste Forschungseinblick kommt dann in Teil 3.

Hinweis: Ich bin Jurist, kein Elektroingenieur, falls hier in dem Artikel etwas so (vereinfacht) nicht korrekt ist, gerne Meldung mit Erklärung 😉

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18 thoughts on “Samsungs Audio-Lab: Ein Erklärbär zu Lautsprechern und die Sache mit Anti-Distortion [Teil 2]

  1. Sorry, ich hab gerade mal eine Frage, völlig OT. Ich habe einen seriösen Shop in der Schweiz gefunden, über den ich ein Note 7 fe kaufen kann. Auf meine Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass das Note für jede Sprache einzustellen sei und dass es in allen Netzen inkl. LTE funktioniert. Kann das jemand bestätigen? Ich hab ein bisschen Bammel, womöglich viel Geld für Technikmüll auszugeben und ich kanns nicht nutzen. Wobei, Zahlung mit Paypal, da bin ich eigentlich auf der sicheren Seite.

    • Du kannst eigentlich jedes Android Handy von größeren Herstellern auf deutsch einstellen, auch wenn die hier nicht verfügbar sind, war beim Note 5 ja auch so?.
      Es geht eher um die LTE Bänder, was das Note FE eigentlich auch alles haben dürfte. Z.B. bei China Handys fehlt Band 20, was gerade in Deutschland sehr wichtig ist.

      • Ja, genau, dieses Band 20. Das hab ich auch gestern irgendwo gelesen. Hat es wohl. Ach, ich bestell das jetzt einfach mal. Ich finde es so wunderschön und technisch reicht es allemal. Das neue Format ist einfach nix für mich und ich seh für mich sonst keine Alternative. Und ganz weg von Samsung möchte ich auch nicht.

  2. Ich glaube nicht das die 40 Hz hörbar werden. Das Problem ist das die Breitbandlautsprecher die tiefen Töne nur leise wiedergeben aber sie können es. Daher der restliche Ton wird die 40Hz überdecken. Bei den anderen Arten von Lautsprechern ist das auch so. Es gibt bei manchen Lautsprechern auch Datenblätter mit einem Diagramm da sieht man das wunderbar.

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