Samsungs Audio-Lab: Theorie und Praxis – „turning opinion into a fact“ [Teil 5]     

Nahe Los Angeles forscht Samsung in Sachen Audio. Mit Transformer-Wand [Teil 1], viel Mathe [Teil 2 und 3] und digitalen Prototypen [Teil 4]. Das klingt allerdings sehr technisch – in einem Gebiet, wo gefühlt das Ergebnis doch auch von Geschmäckern und Emotionen bestimmt wird.

Aus dem Grund wird in Samsungs Audio-Lab am Ende immer noch einmal ganz genau hingehört. Ganz genau. Und blind, sodass nicht die gesehene Marke sondern tatsächlich der Ton die Musik macht.

Disclosure: Die Pressereise nach Los Angeles erfolgte zusammen mit einigen anderen Journalisten und Medien auf Einladung von Samsung.

Gute Messergebnisse und durch nichtlineare Vorverzerrung satte Bässe bringen in der Theorie wenig. Auch die rein digitale Praxis durch simulierte Prototypen hilft noch nicht. Am Ende muss der Lautsprecher dann auch tatsächlich eines tun: gut klingen. Das kann man mit Mikrofonen (etwa im schalltoten Raum aus Teil 1) messen, oder aber man lässt ganz genau hinhören.

Hierfür zuständig ist Elisabeth McMullin, Lead Acoustic Researcher für Competitive Benchmarking. Das Herzstück des Audio-Labs, wenn es darum geht, Klangqualität nicht (nur) durch Microfone, sondern das menschliche Ohr bewerten zu lassen. Elisabeth McMullin hatte in diesem Bereich bereits bei Harman Apps entwickelt. Elisabeth arbeitet im Audio-Lab mit Probanden, die am Ende beurteilen sollen, wie ein Lautsprecher klingt und dass auch im direkten Vergleich mit Konkurrenzprodukten. Fragen gibt es hierzu viele: Welche Probanden braucht man, wie werden diese ausgewählt, was sollen diese hören und wie gestaltet man den Vergleich möglich objektiv? Kurz: wen lässt man was wie hören?

  1. Wen?

Eines der Probleme führte uns Allen im Audio-Lab vor Augen – oder besser vor Ohren. Für Leute mit Ahnung wird es nichts Besonderes sein, mir war es allerdings neu: Harman How to Listen. Ein Programm, welches kurze Stücke, die man vorher auswählen oder selber in das Programm laden kann spielt – einmal „Flat“ und einmal mit einem EQ eingestellt. Nun muss man heraushören, welcher EQ genau eingestellt ist. Wer möchte kann sich die Software der Harman International R&D Group kostenlos herunterladen und es einfach mal selber ausprobieren (mit Kopfhörern übrigens leichter). Trainierte Zuhörer können hier sehr viele verschiedene Änderungen am Ton heraushören.

Wofür braucht es nun „trainierte Zuhörer“? Kurz und knapp: die Ergebnisse sind die verlässlicher, man muss nicht so viele Probanden haben und wer weiß was er tut ist kritischer. Bevor man also 150 untrainierte Testhörer vor einen Lautsprecher setzt und die Ergebnisse dann mittelt, reichen auch zehn trainierte Ohrenpaare für ein mindestens ebenso aussagekräftiges Ergebnis aus.

  1. Was?

Musik gibt es viel, Geschmäcker auch, aber welche Musik nutzt man nun, um die Lautsprecher so zu testen, dass das Ergebnis für ein möglichst repräsentatives Publikum steht? Die erste Regel ist: kurze Stücke oder eben Ausschnitte müssen es sein. Probiert die Software aus Nr. 1 ruhig einmal aus – konzentriertes Zuhören schlaucht. Sind die Stücke länger, laufen Probanden zudem in Gefahr gelangweilt zu werden.

Zudem müssen die Test-Tracks unterschiedliche Lautstärkepegel bieten Beispielshaft der Party Rock Anthem von LMFAO: macht Laune, ist aber für einen Test komplett ungeeignet – der Song ist quasi permanent am Anschlag, wie soll das Ohr hier groß Unterschiede hören? Als Gegenbeispiel wurde stattdessen Norah Jones – Feelin the same way genannt. Einfach mal reinhören, der Dynamikunterschied könnte deutlicher kaum sein ?

Außerdem sollte die Hörprobe auch ein vernünftiges Frequenzspektrum abdecken. Was hilft ein Lautsprecher der beim Bass vernünftig klingt, aber sonst alles verbeatstet (Wortspiel)? So hochklassig es klingt: ein Ausschnitt aus einer Oper (Claudio Abbado und die Wiener Philharmoniker; Exerpt from Rossini Opera: L’italiana; In Algeri/Act 1) mit vielen hohen Streichinstrumenten und hohem Gesang befeuert eben nur hohe Frequenzen und kann entsprechend den Lautsprecher auch nur hier testen.

  1. Wie?

Gut, man weiß welche Zuhörer es braucht und was diese auf die Ohren bekommen sollen. Aber wie? Einfach drei Lautsprecher hinstellen, nacheinander einen der Testtracks spielen und jeder darf sagen was er geil findet? Nein. Der Grund hier ist einfach: das Auge isst mit. Wenn man mir einen Lautsprecher einer bekannten HiFi-Marke hinstellt – fiktiv B&W oder etwas ähnliches – und daneben dann einen 50 Euro No-Name-Lautsprecher, welche Box wird dann wohl besser klingen noch bevor auch nur ein Ton gespielt wurde?

😉 Marken haben Einfluss auf unsere Wahrnehmung und verzerren diese auch. Baue ich um eine Marke ein Image auf, kann dieses am Ende bei Kopfhörern den Ton sogar zweitrangig werden lassen. Glänzendes Plastik mit einem B drauf muss nicht mal besonders gut klingen um dennoch der König auf dem Schulhof zu sein (zumindest war das mal so).

Der erste Punkt des „Wie“ ist also, dass man „blind“ hört. Ein dunkler Raum, keine sichtbaren Lautsprecher und Zack fällt irgendein Image weg und es kommt darauf an, worauf es ankommen sollte: den Sound. Dazu kommen dann auch wieder Punkte wie der perfekte Sitzabstand, Sitzwinkel und so weiter und sofort, die immer gleich bleiben müssen, um verschiedene Soundquellen wirklich einheitlich vergleichen zu können. Der Trick ist aus Teil 1 bekannt: die Transformer-Wand.

Das Ergebnis

Klingt gut und durfte dann vor Ort auch ausprobiert werden. Die zwölf Teilnehmer der deutschen Presse-/Mediendelegation ins Audio-Lab wurden getestet. Es ging für uns alle in den Raum mit der Transformer-Wand, jeder bekam ein Notizblatt für die Ergebnisse (normalerweise wird das im Audio-Lab über Tablets erledigt, allerdings gab es nicht zwölf Tablets, für genau gleichzeitige Ergebnisse wurde daher ausnahmsweise per Hand notiert und ausgewertet.

Bildrauschen galoren – in dem Raum war es schon vor dem Blindtest sehr dunkel.

Dann gab es vier Testreichen. Drei Lautsprecher an der Transformer-Wand (zwei Soundbars und ein paar Genelec-Studiolautsprecher als Referenz). Das wussten wir allerdings nicht. Stattdessen setzte man sich auf einen der zwölf Stühle vor einen schwarzen Vorhang im Schummerlicht.

Im Test war der Vorhang unten, das Licht aus und zu sehen: exakt nichts.

In vier Testreihen wurden dann jeweils einmal auf dem jeweiligen Lautsprecher mit Drehungen dazwischen  Ausschnitte von Fast Car und Uptown Funk gespielt. Dabei ließ Elisabeth allerdings alles durch ein Programm steuern: wir als Probanden bewerteten am Ende von jedem der vier Durchgänge Lautsprecher A, B und C mit Punkten zwischen 1 (Ätzend) und 10 (Perfekt).

Maximales Bildrauschen. Es war richtig dunkel und durch den schwarzen Vorhand war von den Lautsprechern NICHTS zu sehen, aber alles zu hören.

Jetzt wäre es natürlich so semi-klug, wenn die Reihenfolge dabei immer die gleiche bleiben würde. Dann müsste man ja nur im ersten Durchgang hinhören (Fast Car) und im zweiten (Uptown Funk) kann man dann die Werte als Referenz nutzen. Im dritten Durchgang (wieder Uptown Funk) sollte es dann aussehen wie im zweiten und im vierten Durchgang wie im Ersten. Easy?

Das wäre natürlich ziemlich witzlos, stattdessen arbeitet dahinter ein Zufallsgenerator. Der Proband – in dem Fall also wir – muss also jeden Durchgang genau hinhören, teils mehrfach in einem Durchgang, da man sich teilweise einfach nicht sicher war. Nach den zwanzig Minuten war ich am meisten darüber verblüfft, wie anstrengend das genaue Hinhören eigentlich sein kann. Außerdem wurde der Vorhang hochgefahren, sodass wir die Samsung HW-MS750 und die Genelec 8250A Studiolautsprecher sehen konnten. Die Soundbar des Mitbewerbers nicht – logisch, so etwas würde Ärger beim Wettbewerbsrecht geben. Misst man die drei Testlautsprecher bzw Soundbars aber einmal durch, sieht das Ergebnis so aus:

Der Genelec 8250A-Studiomonitor. Sehr konstant, in Teilen fast optimal und ein Frequenzspektrum von ~40 bis 20.000 Hz. Außerdem nicht gerade flach und mit 1650 Euro im Handel auch nicht günstig.

Die anonyme Soundbar. Gleichmäßig geht anders. Hier ist schon Unruhe zu sehen und ein besonders heftiger Ausschlag bei etwa 200Hz.

Jetzt mal vergleichen! Relativ konstant über das Frequenzspektrum, erst kurz vor 20.000 Hz fällt der Monitor ab.

Also würde man anhand der Messwerte davon ausgehen, dass der Genelec gewinnt, der Samsung halbwegs knapp dahinter liegt und der Mitbewerber komplett versagt. Obwohl hier die Soundbar des Mitbewerbers vielleicht sogar teurer ist. Tja: jeder konnte vorher beim Blindtest seine Ergebnisse und jedenfalls seine Sitznumme zumindest teilweise im Kopf behalten. Das Ergebnis:

Jeder konnte hier seinen eigenen Hörergebnisse sehen und überprüfen. Das Ergebnis war insofern deutlich – und für Samsung nicht ungefährlich. Bei Blindtests kann so etwas auch in die Hose gehen. Hätte die deutsche Presse blind den Samsung wie etwa den grünen Lautsprecher bewertet, hätte das mächtig dumm ausgesehen. Da aber keiner wusste welche Lautsprecher er bewertet, zeigt das Ergebnis das Gehörte. Auch hier gibt es Ausreißer (siehe Nr. 2), aber im Durchschnitt ist das Ergebnis deutlich:

Die kommende Samsung-Soundbar schneidet blind gegen einen mehr als doppelt so teuren (und voluminöseren) Studiolautsprecher ziemlich gut ab. Außerdem konnte man anhand des kurzen Blindtests dann auch auswerten, welcher Song auf welchem Lautsprecher besser klang, ob es besser war hinten oder vorne zu sitzen und so weiter und sofort.

Kurz: Samsung nimmt hier den emotionalen Faktor einer Marke aus dem Raster. Es geht am Ende um den Ton und den soll man objektiv bewerten. Die persönliche Meinung „welche Marke geiler ist“ wird gestrichen und durch die Fakten „welche Marke geiler klingt“ ersetzt.

Jetzt fehlt nur noch Teil 6: Eine Zusammenfassung und ein entsprechendes Video (zusammen mit den überfälligen Teilen des Vlogs).

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3 thoughts on “Samsungs Audio-Lab: Theorie und Praxis – „turning opinion into a fact“ [Teil 5]     

  1. Habe mir gerade dein YouTube Video angeschaut…, super?(endlich mal Musik in deinen Videos?)

    Was mir wieder mal aufgefallen ist, ist die typisch amerikanische Schlampen-Arbeit:
    Kabel ect. liegen auf dem Boden und alles hingerortzt ohne Liebe zum Detail. Was mich immer wieder wundert ist dass die Endprodukte trotzdem 1A aussehen mit so einer Vorabreit. Die Amis sind wirklich schlampig, auch daheim in deren monströs-lüxeriösen Villen sieht es aus als ob ein Obdachloser da drinnen haust…, alles ist schlammig und durcheinander…
    Typisch amerikanisch eben?

    Dein Video ist TOP?

    https://youtu.be/Ap-3QZaanjw

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