Warum das Galaxy Tab 8.9 auch nicht vertrieben werden darf und das Galaxy Tab 7.7 entfernt wurde – ein Erklärungsversuch

Seit dem 09. August darf das Galaxy Tab 10.1 dank einer einstweiligen Verfügung, die durch Apple erwirkt wurde nicht mehr von Samsung beworben oder verkauft werden. Habt ihr sicher alle mitbekommen, wahrscheinlich auch, dass Händler Geräte aus dem Ausland weiter verkaufen dürfen (oder Geräte, die sie von Samsung vor dem 8. August bekommen haben). Was aber allgemein nur gerätselt wird: die einstweilige Verfügung richtet sich nur gegen das Galaxy Tab 10.1 – wie aber sieht es mit dem Samsung Galaxy Tab 8.9 aus?

Ich spare mir mal das juristische Geschwafel: Die einstweilige Verfügung wurde aufgrund einer Verletzung eines europäischen Geschmacksmusters erlassen, ersatzweise auf einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß gestützt. Heißt, dass bei einem Verstoß durch Samsung erst mal eine Ordungsstrafe fällig werden würde, die aber lange nicht 250.000€ hoch sein würde, bei einem wirtschaftlich bedeutenden Fall sind beispielsweise Ordnungsgelder von 20.000€ als angemessen angesehen worden [OLG Schleswig, 6 W 7/05, allerdings wg § 13 UWG]. Bei einem erneuten Verstoß steigt dann das Ordnungsgeld und nur im absoluten Härtefall kommt es zu der angedrohten Haftstrafe. Jetzt könnte man natürlich auf die Idee kommen, das Design des verletzenden Produktes minimal zu ändern (andere Farbe, Logo auf die Vorderseite etc.), dann würde es nicht mehr mit den Produkten im Antrag auf die einstweilige Verfügung übereinstimmen und dürfte ja wieder vertrieben werden, oder? Natürlich nicht, wäre auch zu einfach – für den Fall gibt es den so genannten „kerngleichen Verstoß“. Kommt es also zu einem Verstoß, der die zuvor verletzen Rechtsgüter in vergleichbarer Weise berührt, muss keine neue einstweilige Verfügung beantragt werden, sondern es kann (bzw muss) auf die vorherige Verfügung zurückgegriffen werden [OLG Hamburg, 16.03.2012 407 O 217/09 – auch hier wieder UWG, aber in der Sache vergleichbar]. Hier in unserem „Fall“ des Samsung Galaxy Tab 10.1 würde ein Vertrieb des Samsung Galaxy Tab 8.9 wohl ein kerngleicher Verstoß sein, denn sind wir ehrlich, außer ein paar Zentimetern Bildschirmdiagonale ändert sich nicht wirklich was, insbesondere ist das – zu generell gehaltene – Geschmacksmuster wieder verletzt. Heißt, dass auch das Samsung Galaxy Tab 8.9 nicht vertrieben oder beworben werden darf, ansonsten wird es teuer. Das wirklich brennende bei dem Thema ist aber das Samsung Galaxy Tab 7.7 – und hier wird es dann wenig durchschaubar. Ob es eine neue einstweilige Verfügung gab ist nicht wirklich klar (ich werde versuchen hier mehr herauszufinden), zwar wird dies von einigen und auch von uns gemeldet, aber wirklich bestätigt ist es nicht. Es könnte also auch hier wieder auf den kerngleichen Verstoß zurückgegriffen worden sein. Klar, das Design vom Samsung Galaxy Tab 7.7 ist ganz klar ein anderes im Vergleich zum Galaxy Tab 10.1 und 8.9 und erst Recht im Vergleich zum iPad 2, aber das generell gehaltene Geschmacksmuster dürfte auch hier wieder verletzt worden sein. Sollte es aber zu einer neuen einstweiligen Verfügung gegen das Galaxy Tab 7.7 gekommen sein, in Folge derer  das Gerät von der IFA entfernt werden musste, dann würde es auch zu einer erneuten mündlichen Verhandlung vor dem LG Düsseldorf kommen (bei der ich natürlich wieder live dabei wäre), sollte es wegen einem „kerngleichen Verstoß“ zu der Entfernung gekommen sein, entscheidet sich alles in der Berufung vor dem OLG Düsseldorf (Live-Berichterstattung versteht sich hier von selbst), oder in Alicante bei der Prüfung des Geschmacksmusters (die Fahrt wäre mir wohl zu teuer – wer sponsert mich?).

Ihr seht – es ist kompliziert und ohne entsprechende Informationen auch nur schwer abzusehen, was genau hier passiert. Allerdings kann die Aussage durch Samsung, dass man mit dem Galaxy Tab 7.7 bis zu dem Urteil gestern warten wolle durchaus dahingehend verstanden werden, dass hier keine neue einstweilige Verfügung erlassen wurde, sondern nur eine Beschwerde durch Apple gegen die bereits bestehende Verfügung zur Entfernung des Galaxy Tab 7.7 geführt hat. Egal, muss man halt auf Händler zurückgreifen, die das Galaxy Tab 8.9 noch auf Lager haben oder aus dem Ausland importieren, die dürfen es noch verkaufen – danke, rechtlicher Flickenteppich Europa.

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So, das war das Wort zum Samstag – und jetzt ab in die Sonne mit euch, schönes Wochenende!

Danke an RA Florian Müller von FOSS Patents für die Nachhilfe!

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7 thoughts on “Warum das Galaxy Tab 8.9 auch nicht vertrieben werden darf und das Galaxy Tab 7.7 entfernt wurde – ein Erklärungsversuch

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  4. Eine vielleicht blauäugige Frage. Warum verkauft Samsung das Galaxy Tab 8.9 nicht trotzdem in Deutschland, indem es den Händlern anbietet es z.B. aus Österreich zu importieren? Ich kann nämlich hier in Deutschland keine Online- oder Technikmarkthändler ausfindig machen, der das bereits getan hätte. Sogar das Galaxy Tab 10.1 in Schwarz ist nirgends zu entdecken.
    Danke für die Antwort.
    MfG
    Lars

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